Donnerstag, 30. Oktober 2014

Liebe Frau Nahles - Streikrecht, Verfassung & die Bahner

Liebe Frau Nahles,
wenn ich mir heute so ihre Ideen für die Neuordnung des Streikrechtes ansehe, möchte ich eigentlich fast vermuten, sie hätten über Nacht ihr rotes Parteibuch ausgetauscht. Es gab mal Zeiten, da haben sich die Genossen von der SPD an die Seite der Arbeitnehmer gestellt. Es gab Zeiten, da waren die abhängig Beschäftigten die Basis der Sozialdemokraten. Arbeiter und SPD - das war mal eine natürliche, fast schon ideale Verbindung. Oh, Gott muß das lange her sein. Wenn man Ferdinand Lassalle erzählen würde, das eine SPD-Ministerin heute am Streikrecht herumfummelt - der gute Ferdi würde sich im Grab so oft herumdrehen, das er in der Hölle als Ventilator arbeiten könnte.

Damals zu Kaisers Zeiten (als das Streikrecht noch nicht verfassungsmäßig gegeben war) versuchten die Unternehmer (allen voran Geheimrat Emil Kirdorf) neben den "roten" sozialdemokratischen Gewerkschaften sogenannte "gelbe" (arbeitgeberfreundliche) Gewerkschaften zu etablieren. Die Gewerkschaften legten damals den Steinkohlebergbau und sie Stahlindustrie an der Ruhr lahm, bis Kaiser Wilhelm bereit war, sogar Sozialdemokraten zu einer Audienz zu empfangen. Die gelben Gewerkschaften gingen dann auch prompt mit ihrem Schmusekurs zu den Arbeitgebern baden.
In den Zeiten der jungen Bundesrepublik setzten sich Männer wie Willy Brandt, Herbert Wehner und Helmut Schmidt vehement für Themen ein wie z.B. die paritätische Mitbestimmung. Aber das waren auch noch Politiker deren Namen einen Klang hatten. Diese Zeiten sind vorbei.

Heute schicken sie sich nun an, den Mitgliedern kleiner Gewerkschaften quasi per Dekret das Streikrecht zu verbieten. Und das natürlich unter dem scheinheiligen Vorwand in den Betrieben Tarifeinheit herstellen zu wollen. Ja, meine liebe Frau Nahles - an Euphemismen hat es der SPD noch nie gefehlt, wenn man dem Arbeiter unter dem rötlichen Deckmantel der "Arbeiterpartei" in die Knie treten wollte. Das Sie selber in den 25 Jahren seit ihrem Abitur und nach einem 10jährigen Studium der Politik und Philosophie nicht einmal 2 Jahre gearbeitet haben (und das auch nur in einem Verbindungsbüro der IG Metall) macht Sie nicht gerade zu einer Fachfrau für Arbeitnehmerfragen. Ihre persönliche Beziehung zum DGB ist bei ihrer Entscheidungsfindung auch bestimmt ganz ohne Relevanz gewesen. Vielleicht haben Sie sich ja auch nur geärgert, das Sie wegen des Bahnstreiks zwei Stunden auf ihr Kindermädchen warten mußten oder zu spät beim Friseur waren.

Der Arbeitnehmer hat laut Grundgesetz das Recht, sich zu organisieren. Maßnahmen, die eine solche Organisation verhindern sind laut Grundgesetz verboten. Wenn Sie nach 10jährigem Studium der Politik noch nicht einmal den Inhalt der Verfassung kennen, auf die Sie bei ihrem Amtsantritt vereidigt worden sind, könnten ihnen weniger wohlgemeinte Mitmenschen fast schon Inkompetenz oder gar beabsichtigten Verfassungsbruch vorwerfen. Vielleicht wollten sie aber auch nur einigen alten Genossen im DGB mal einen Gefallen tun. Sie wissen ja nicht, wann sie die mal brauchen, wenn die politische Karriere endgültig in den Sand gefahren ist und bei einem DGB-nahen Unternehmen ein lukrativer Posten vakant wird. Oder planen Sie vielleicht schon eine postministeriale Karriere bei der Bahn ? Das wäre ja geradezu ein unerwarteter Weitblick von ihnen. Bei den Ergebnissen, die die SPD bei den Wahlen in unserer Zeit einfährt, tut man als Genosse halt gut daran, sich rechtzeitig berufliche Rückzugsorte zu sichern. Starten nur bitte und unter keinen Umständen eine Gesangskarriere - ihr Auftritt im Bundestag hat uns musikalisch völlig genügt. Lassen Sie lieber Helene Fischer oder Andrea Berg singen - die können es nämlich besser (meine Nachbarin allerdings auch!)

Denn ob sie es glauben oder nicht - zur gewerkschaftlichen Vertretung braucht man bei der Bahn weder die SPD, noch den DGB, noch Sie. Mitarbeiter von Unternehmen sind auch nicht Eigentum oder automatisch verfügbare Verhandlungsmasse des DGB. Erfolglose Einheitsgewerkschaften, falsche Einheitspreise und zu mächtige Einheitsparteien hatten wir in Deutschland schon zu oft, als das man noch annehmen könnte es wäre ein Erfolgsmodell. Spätestens in Karlruhe wird ihnen das Verfassungsgericht ihren Gesetzesentwurf um die Ohren hauen. Suchen sie schon mal im Ministerium einen Beamten, den sie dann dafür als Sündenbock schlachten können. Oder machen Sie es sich doch einfach - treten Sie einfach zurück! Keine Angst - ich gönne ihnen ihr privates Glück eines frühzeitigen Ruhestandes von ganzem Herzen. Die meisten Lokführer übrigens auch - am liebsten ab Morgen.

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