Samstag, 26. Juli 2014

50 Shades of - BÄH !

Darauf haben Millionen von Mädchen und Frauen lange gewartet. Endlich kommt die Verfilmung von "50 Shades of Grey" in die Kinos. In Folge der visuellen Horizonterweiterung werden wohl Merchandise-Produkte wie Reitgerten und Lederfesseln neue Verkaufsrekorde erzielen. Junge Männer werden mit leicht gerötetem Kopf im Baumarkt Seile und Karabinerhaken kaufen, während die Lebensabschnittgefährtin nägelkauend im Auto wartet und der Erfüllung neuer Begierden entgegenfiebert. Man (Frau) hat es ja gelesen, man (frau) hat es ja gesehen - die etwas härtere Variante zwischenmenschlicher Beziehung kommt in Mode. War es bisher nur die Lesewütige, die mit den seelischen Abgründen Mr.Grey und seiner emotionalen Errettung durch eine junge Studentin konfrontiert worden war, so kann seit der Ankündigung der Filmes auch die Klientel bedient werden, deren Stärke das Lesen nicht ist.
Bei Licht betrachtet ist dieser Roman einfach miese Literatur. In schlechtem Stil geschrieben, mit stark begrenzter Wortwahl übersetzt und im Inhalt ausschließlich der Durchblutung des Unterleibs gewidmet, stellt die Triologie der Autorin einen Tiefpunkt literarischer Arbeit dar. Ungeachtet der unbestrittenen Verkaufserfolge ist das eigentlich nur ein weichgespülter SM-Porno. Die Beziehung zwischen den Akteuren basiert auf der alten und abgedroschenen Geschichte der Errrettung des Bösen durch das Gute durch Hingabe und Zuneigung. Danke - das haben wir schon von Shakespeare und Schiller besser gelesen.
Wie sieht es denn in der Realität aus ? Nun, ja - ich wollte in meinen Blog eigentlich keine Blicke in mein Schlafzimmer gewähren, aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen, daß das Praktizieren von SM eine Kunstform darstellt, die vor allem auf Erfahrung und Einfühlungsvermögen basiert. Da gehen den meisten jungen Damen sehr schnell die Pferde der Phantasie durch und sie werden in der Realtiät noch schneller feststellen, daß eine SM-Session mit ihrer Phantasiewelt nur sehr schwer in Einklang zu bringen ist. Ich habe da mal eine junge Dame gekannt, die nach eigenen Angaben "starke masochistische und devote Züge" hatte. Sehr gekonnt vermittelte sie mir den Eindruck über einen gewissen Erfahrungssatz zu verfügen und "schon einiges" mitgemacht zu haben. In der Realität sah es dann so aus, das sie zwar mit schöner Regelmäßigkeit härtere Praktiken besprechen wollte, aber weder in der Lage war, ihre devote Rolle wirklich einzunehmen, noch fähig war selbst leichteste Maßnahmen klaglos zu ertragen. Dieses "topping by the bottom" (bei dem der scheinbar devote Partner das "Drehbuch" schreibt) steht allerdings im krassen Gegensatz zu wirklichem SM. Das sich wirkliche Ausliefern an den Partner, basierend auf Vertrauen und wirklicher Lust, sabotierte sie mit schöner Regelmäßigkeit durch unqualifizierte Kommentare und gekonnt einsetzender Übelkeit. Mit solchen Partnern macht eine Session so viel Spaß wie ein Diskussionsabend mit Alice Schwarzer. Noch drolliger wird die Sache allerdings vor dem Hintergrund, das genau diese junge Dame sich regelmäßig wechselnde Partner in entsprechenden Foren sucht, wobei sie besonders Praktiken der Atemreduktion zu bevorzugen angibt - eine Praktik, die auf Grund ihrer Komplexität und dem Gefahrenpotential einen großen Erfahrungsschatz und ein besonders hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen benötigt. Macht man da einen Fehler oder gerät in Panik, braucht man für seinen Partner nicht einmal mehr einen Arzt zu rufen, sondern verständigt besser direkt einen guten Strafverteidiger.
Wer nach dem dritten Gertenhieb auf dem Hintern jammert, wer das Tragen eines Halsbandes als Unmöglichkeit ansieht, wer meint den dominanten Partner maßregeln und kritisieren zu können, der wirkt nunmal wie der angebliche Porschefahrer, der noch die Fahrradklammern an der Hose hat.
Kern einer SM-Beziehung ist nun mal die Aufgabe (oder des lustvollen Brechens) des Willens des devoten Partners - alles andere sind Cowboy-und-Indianer-Spielchen.
Durch solche Literatur und deren Verfilmung (die mediengerecht natürlich entschäft werden muß) wird es zu einer Zunahme solcher Momente im Leben vieler junger Menschen kommen. Angeregte Phantasie trift auf reale Unzulänglichkeit - Frustration inklusive. Denn weder die unerfahrenen frisch selbsterkannten Devoten, noch die in der Praxis überforderten  Neo-Dominanten werden ihrem nun an sich selbst gesellten Anspruch gerecht werden können.
Trotzdem wird der Film als DVD ein Renner werden. Im stillen Kämmerlein werden zahlreiche KonsumentInnen ihren Fernsehabend neben der Pizza und der Chipstüte um den Vibrator ergänzen. Der steigende Absatz von Batterien wird mir Recht geben.

Sonntag, 20. Juli 2014

Bombenstimmung. Gedanken zum 20.Juli

Nun ist es wieder einmal so weit. Der 20.Juli steht ins Haus und neben einiger salbungsvoller Worte unseres bundespräsidialen Ersatz-Jesus aus Rostock im Bendler-Block zu Berlin anlässlich der Vereidigung junger Bundeswehr-Rekruten sendet das deutsche Fernsehen zeitversetzt auf allen Kanälen mehr oder minder gelungene semi-dokumentarische Spielfilme mit einer zum Helden stilisierten Person - Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
Es ist eigentlich müßig, hier die Ereignisse vom 20.07.1944 noch einmal zu beleuchten. Zu sehr wurden bereits durch o.g.Filme und Zeitungsartikel der missglückte Bombenanschlag auf Adolf Hitler in allen Details einer breiten Öffentlichkeit zugetragen. Die medienwirksame Heroisierung dieses Oberst im Generalstab möchte ich hier nicht durch Ausbreiten der bekannten Details vertiefen.
Ich möchte nur hier mal eine Frage beleuchten ? Waren Oberst Stauffenberg und seine Herren im Generalstab wirklich die Helden als die sie uns heute vermittelt werden. Waren sie "die deutschen Widerstandskämpfer" die quasi mit blütenreiner Weste das bessere Deutschland durch die Nazi-Zeit gerettet haben? Ich sage hier ganz klar Nein !
Als am 20.Juli die Bombe unter dem Kartentisch in der Wolfsschanze detonierte, ging es den Verantwortlichen nicht um die Manifestation eines anständigen Volkes unter der Knute einer Gewaltherrschaft. Zum Volke fühlten sich die Herren mit Monokel und roten Biesen an den Uniformhosen nicht zugehörig. Sie betrachteten sich als Führungselite und als durch Adel und Grundbesitz zur Führung prädestinierten Klasse. Es ging ihnen auch nicht um die Erhaltung des deutschen Volkes. Sie dachten eher in internationalen gesellschaftlichen Ebenen und nicht wenige von ihnen hatten ihre Ausbildung in exklusiven Internaten in der Schweiz oder an englischen Eliteschulen absolviert. Um Demokratie ging es ihnen schon gar nicht. Adligen, die seit Friedrich dem Großen als großagrarische Grundherren oder privilegiertem Beamtentum ihr Dasein und Fortkommen aus der familiären Bindung zum jeweiligen deutschen Potentaten herleiteten, hatten mit der Demokratie nicht viel im Sinn. Ihr Ziel war eigentlich ein Ständestaat, in dem sie geburtsrechtlich die Führungsrolle an sich binden konnten und für die schon die Vorstellung ein bürgerlicher Emporkömmling würde in die Ränge von Staatsräten oder Stabsoffizieren aufsteigen können einen Grad der Unerträglichkeit darstellte, der heute unvorstellbar ist.
Der Nationalsozialismus hingegen bot für fast Jeden die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs und propagierte in Opposition zur "klassischen" Hochschulbildung das Ideal des schaffenden Werktätigen und den aus der Praxis aufgestiegenen Ingenieurs. Der Ingenieur-Offizier als gleich besoldeter Kamerad war natürlich für einen "von und zu" mit 200 Jahren Stammbaum kein Kamerad im eigentlichen Sinne. Das solche "Leute" überhaupt Offiziere und (in begrenztem Maße) sogar Generäle stellen durften, war für die Adligen nur erklärbar mit dem hohen blutzollbedingten Ausfall von Offizieren an der Front. Gleichberechtigung war ihre Sache nicht. Es ist dabei bemerkenswert, das von den im Rahmen der in Folge des 20.Julis verhafteten Mitverschwörer kaum ein aus "kleinen Kreisen" entstammender Offizier oder Beamter zu finden ist.
Es muß also für die Widerstandsgruppe in des Heeres (merkwürdigerweise nicht in der Luftwaffe oder der Marine, wo ein Aufstieg nur durch persönliche Leistung und nicht durch das Protegé der Herkunft möglich war) andere Gründe geben.
Das nachträgliche Erschrecken über die unbestrittenen Gräueltaten des NS-Regimes kann es kaum gewesen sein. Das "demokratische" Offizierskorps der "Weimarer Republik" protestierte nicht, als nach dem Tode Hindenburgs eine Vereidigung auf den "Führer" erfolgte. Die frisch aufgerüstete Wehrmacht legte keinen Widerspruch ein, als die SA mit ihrem Stabschef Röhm mittels Gewehrkugeln ihrer Führung beraubt wurde und die Toten als Opfer von "Staatsnotwehr" von Hitler selbst im Reichstag zugegeben wurden. Die Wehrmachtselite rührte sich nicht, als Sozialdemokraten und Kommunisten in Lager gesteckt wurden. Kein Ton war von der "moralischen Führungseilte des deutschen Volkes" zu hören, als man 1938 den Rosensteins,Levis und Salomons die Schaufenster einwarf und die Verfolgung andersgläubiger ihren Lauf nahm. Auch als man Polen, Frankreich, Dänemark, Belgien und Jugoslawien quasi im Handstreich militärisch geschlagen wurden zogen es die Herren vor, lautlos ihre Beförderungen, Dotationen und Orden willfährig in Empfang zu nehmen. Gelegentliches gesellschaftliches Räsonieren über den "böhmischen Gefreiten" im Offizierscasino oder auf dem Rennplatz einmal außer Acht gelassen.
Der feine Herr Oberst Stauffenberg hat sich auch als Chef des Stabes beim Führer des Ersatzheeres nicht geschämt, 16jährige Schulbuben in Uniform zu stecken und an die Front zu senden. Das muntere Hin- und Herschieben von Ersatzdivisionen aus Schulkindern, Kriegsinvaliden  und Frührentnern hatte den Herren Offizieren mit Adelsprädikat nicht sehr viel ausgemacht. Den eigentlichen Willen zum aktiven Widerstand hatte eine ganz andere Ursache. Die meisten Adelfamilien begründeten ihre Existenz auf Grundbesitz und hohen Beamtenposten. Die Erhaltung des deutschen Staatswesens war also die Garantie für die spätere Zahlung üppiger Pensionen und der Russe bedroht mit seiner siegreichen Roten Armee bereits die Ausläufer ihrer ostelbischen Krautäcker. Da mußte schließlich gehandelt werdem Wovon sollte denn die alte Reichsfreifrau von XY leben, wenn ihre Familie der Erträge landwirtschaftlicher Ostgebiete oder der Legatonsratspension beraubt worden wäre. Man konnte ja nicht ahnen, das eine Bundesrepublik diesen Herrschaften großzügige Lastenausgleichszahlungen leisten wird und die Pensionen weiterlaufen. Nein, man mußte handeln, wollte man nach einem (wenn auch verlorenenen) Krieg die Grundlagen der eigenen Kaste erhalten. Und so legte der Herr Oberst am 20.Juli einen Sprengsatz unter den Kartentisch der obersten Heeresleitung in der selbstüberschätzten trügerischen Hoffnung, die alten internationalen Freunde mit der anderen Feldpostnummer würden einen Separatfrieden abschließen, damit man zumindest den bösen Russen weiter bekämpfen kann. Das es einem Oberst des Heeres nicht gelang, eine Lagebaracke fehlerfrei in die Luft zu sprengen, was jedem Unteroffizier der Pioniertruppe gelungen wäre, sei hier nur am Rande erwähnt. Die organisatorischen Gründe des Scheiterns dieses Putsches werfen ein gleichsam erbärmliches  Licht auf die militärischen Fähigkeiten der "Heereselite" um die Herren um Graf Stauffenberg
Auf die Person des Grafen Stauffenberg bin ich übrigens als Kind zufällig gestoßen. Ich ging mit meinem Großvater einkaufen. Er kaufte sonst immer bei Edeka ein, jedoch folgte er einmal dem Rat doch sein Glück bei ALDI zu versuchen. Wir fuhren mit dem Einkaufswagen durch die Gänge, als mein Großvater vor dem Brotregal plötzlich stoppte. Er nahm ein Paket geschnittenes Brot aus dem Regal und betrachtete eine Zeit lang die Aufschrift "Brotfabrik Staufenberg" . Sein Kommentar "Jetzt backt der Bombenleger schon Brot!"