Dienstag, 25. August 2020

Soße oder nicht Soße - das ist hier die Frage!

Kein Tag vergeht ohne das in deutschen Medien jemand auf dieses Land schimpft und etwas dringend geändert werden muß. Sei es die Zigeunersoße eines bekannten Tunken-Fabrikanten oder die Namensgebung eines Eisbechers. Sogar der 300 Jahre lang verwendete Name einer Apotheke wird neuerdings beanstandet. Ich finde das zum Kotzen. Abgesehen davon, daß man historische Benennungen nur aus dem Zeitalter der Benennung heraus bewerten darf, ist die ganze Rassismus-Diskussion über Soßen, Süßwaren und Straßen völlig daneben. 

Wir haben - wie jede Nation auf diesem Planeten - eine jahrtausende alte Geschichte. Deutschland ist nicht im Jahre 1933 entstanden und die 12 Jahre bis 1945 waren bei weitem nicht der einzige Moment deutscher Historie, die betrachtet werden kann. Gerade diese übergroße Mystifizierung einer Dekade führt zu einer verzerrten und verzerrenden Sichtweise auf Menschen und Ereignisse, die in weiten Teilen überdacht werden sollte. Die amtliche Sprache gehört dazu. Und für die ist der Einzelne nicht in Verwantwortung zu ziehen.

Wofür ich allerdings verantwortlich bin, ist meine Sprache die ich täglich verwende. Wenn ich mir einen "Eis-Neger" bestelle, so erwarte ich ein Vanille-Eis mit Schoko-Überzug und keinen tiefgefrorenen Schwarz-Afrikaner. Bestelle ich ein Zigeunerschnitzel , so bekomme ich ein Schnitzel mit einer scharfen Sauce aus Paprika, Gurken, Tomaten und Zwiebeln. An eine mobile ethnische Minderheit denke ich dabei weniger. Ein Mohrenkopf oder Negerkuss ist eine Schaumwaffel mit Schokolade - mehr nicht. Ein Pharisäer ist ein Kaffee mit Sahne und Rum - und keine Beleidigung eines israelitischen Stammes. Ein Bauernfrühstück eine Art Omelette und keine Verunglimpfung landwirtschaftlicher Arbeiter. 

Im Übrigen halte ich "Neger" nicht für beleidigend. Es stammt aus dem latenischen "negro" für schwarz und ist lediglich die sachliche Beschreibung eines optischen Merkmals. Niemand ist besser oder schlechter, weil er anders aussieht als die meisten hier. Wer also mit "Neger" ein Problem hat, sollte sich erstmal selber hinterfragen, ob er vielleicht latent mit der exotischen Hautfarbe etwas Negatives verbindet. Ich kenne zahlreiche Farbige, die auf ihre Hautfarbe stolz sind - und das dürfen die Leute halten, wie sie wollen. Ich habe auch kein Problem damit, in Asien als "Langnase", "Farang" oder "Kalbo" bezeichnet zu werden. Asiaten benennen sich traditionell nach äußeren Merkmalen und übersetzt sind ihre Rufnahmen "der Kleine" oder "der Lange" und Ähnliches, was bei Familien mit mehr als 50 engeren Mitgliedern die Wiedererkennung vereinfacht. 

Aber nein ! In Zeiten einer überbordenden politischen Korrektheit bedarf es eines sprachlichen Pendants. "Neger" geht garnicht, "Schwarzer" ist grenzwertig, "Farbig" trifft es nicht. Da zirkeln hochbezahlte Professoren nun an einer Lösung. Nur ja nicht direkt sagen, was Sache ist. Welch ein grenzenloser Unfug. Sprachliche Verirrungen und Verwirrungen allerdings sind die Folge eines typisch deutschen Optimierungswahns. Jeder Brite würde bei dem Begriff "Traffic Light" sofort an eine Ampel denken. Die Ampel jedoch ist in Deutschland (obwohl wir den Begriff Ampel haben) die "Lichtzeichenanlage" mit der schönen Abkürzung "LZA". Es scheint erwiesen, das man trotz einer präzisen und eindeutigen deutschen Sprache immer etwas hinter dem Begriff vermuten muß. 

 Politisch korrekt zu sein, ist heute wie früher den Leuten ein Bedürfnis. Statt klar zu sagen, was man will und denkt, überlegt der Deutsche zunächst, welche Restriktionen die Gesetze, welche Wünsche das Gegenüber und welche eventuellen dunklen Punkte der Geschichte auf den Worten lasten. Kein Wunder, daß so Viele lieber die Schnauze halten. Ich möchte gerne das Gesicht eines Alt-68ers sehen, wenn ihm bei der Verschrottung seiner Rostlaube der Schrotthändler erklärt, er habe für den Wagen eine Endlösung. Panik käme wohl auf, würde ein Bürgermeister erklären, ein Flüchtlingsheim würde umgesiedelt. Was würde wohl einem Zahnarzt passieren, der eine Sonderbehandlung anbietet? Statt sich auf die einfache und direkte Wortbedeutung zu konzentrieren, klopft man erstmal die Geschichte nach verwendeten Begriffen ab, um sich dann entrüsten und entsetzen zu können. 

Unsere Sprache ist und war keine Erfindung von Politikern (weder rechts noch links). Und es liegt an uns, die Hoheit unserer Sprache zu bewahren. Nur weil vor 100 oder 70 oder 50 Jahren jemand ein Wort falsch verwendet hat, heißt es nicht, wir dürfen es nicht mehr gebrauchen. Vor 132 Jahren hat Jack-the-Ripper auch sein Messer falsch benutzt. Muß ich deshalb ab jetzt mit dem Löffel essen ?