Sonntag, 14. September 2014

Geht das auch billiger ?

Diesen Satz höre ich oft. "Wieviel kostet eine Fahrt zum Flughafen?" und schon ohne auf die Antwort zu warten, kommt die Frage "Geht das auch billiger?" dem potentiellen Fahrgast über die Lippen. Nee, liebe Freunde - geht es nicht. Dienstleistungen und Transportleistungen sind genauso eine Ware, wie Lebensmittel, Heilfürsorge oder Versicherungsschutz. Ich möchte mal erleben, das einer von diesen ganz Schlauen in einem guten Restaurant nach Durchsicht der Speisenkarte den Kellner fragt, ob er ihm auf das Filetsteak vielleicht einen Rabatt gewähren könnte, mit der Begründung bei McDonald´s würde er ja viel billiger satt. Ob diese Menschen auch mit Zahnweh zum Zahnarzt gehen und dann fragen, ob es günstiger kommt, wenn die auf die Betäubung verzichten? Wohl kaum - denn in der Regel sind solche Leute kassenversichert und verlangen natürlich eine Behandlung auf dem medizinisch modernsten Niveau (es kostet sie ja nichts extra).
Wie würden solche Leute wohl reagieren, wenn ihr Chef am Monatsende zu ihnen kommt und
fragt: "Sag mal - eigentlich müsste ich dir ja jetzt deinen vereinbarten Lohn ausbezahlen. Kannst du mir nicht 20 % davon Rabatt lassen?" Ein Aufschrei der Empörung wäre die Folge.
Diese "Geiz ist geil"-Mentalität zeigt allerdings erste Spuren in unserer Gesellschaft. Die Innenstädte (früher eine Fundgrube von Fachgeschäften, Boutiqen und gut sortierten Warenhäusern) verkommen zu Stadtviertel mit Dönerbuden, Wettbüros, Telefonläden und Ramschgeschäften. Billiger ist das Warenangebot dort tatsächlich geworden - aber leider nicht mehr preiswert. Denn oft genug sind die angebotenen Artikel und Waren den Preis nämlich nicht wert, da der - quasi fliegende - Händler garnicht an dem Aufbau einer langfristigen Geschäftsbeziehung zum Kunden interessiert ist. Den kümmert nur der kurzfristige Umsatz und der schnelle Gewinn, da ja auch der Kunde heute in der Regel erstmal auf den Preis guckt und nicht darauf, ob er morgen noch für sein ach so billig erworbenes Gut noch einen Lieferanten hat. Die Versorgung ganzer Regionen mit bestimmten Artikeln ist somit ausschließlich den Internetanbietern überlassen. Wie sich dann in Zukunft die Preise entwickeln, wenn erst einmal Zalando und Amazon Monopolstellungen haben, wollen wir uns besser nicht ausmalen. Wie solche Betriebe mit Menschen umgehen (oder aus Preisdruck umgehen zu müssen glauben), kann man in den Medien mitverfolgen.

Aber kommen wir zurück zum Taxi und seinen Preisen. Das Taxigewerbe ist seit der Zeit Friedrichs den Großen gesetzlich geregelt. Der alte Fritz und seine Berater hatten schon erkannt, das eine geregelte Versorgung mit Transportmöglichkeiten nicht dem freien Spiel des Marktes unterliegen darf. Die Preise werden von der jeweiligen Kraftfahrzeug-Behörde festgesetzt, die Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Eignung geprüft und das Personal auf Fähigkeiten und Eignung getestet.
Nun gibt es ja ganz Gescheite, die der Meinung waren - DAS geht doch auch billiger ! und entwickelten ein System, in dem halt Kreti und Pleti mit dem Privatwagen zu etwa der Hälfte des Preises die Leute befördern sollten. Man kaschierte das ganze einfach als "Mitfahrzentrale" und pries auf seiner eigenen Homepage schon die Verdienstmöglichkeiten an. Bezahlung sollte über Kreditkarte erfolgen und die Entwickler dieses Programm freuten sich schon, an jeder Fahrt mal eben 20 % des mickrigen Fuhrlohn für sich selber einstreichen zu können. So mancher Mitbürger freute sich auch schon auf die Möglichkeit billiger von A nach B zu kommen.

Nun ist das das wunderbare Beispiel einer Milchmädchen-Rechnung ! Wer heute halt für 10 € (statt 20 € wie mit einem richtigen Taxi) von Frintrop zum Hbf Essen fahren kann, mag jetzt 10 € gespart haben. Wie sieht es denn an Tagen aus wie Weihnachten oder Silvester, wo die Hobby-Kutscher selber feiern wollen? Eine Transport- und Bereitstellungspflicht wie bei Taxen gibt es dort nämlich nicht. Die Vorbestellung zum Flughafen ist natürlich dort 30% billiger, nur kann niemand garantieren, das zum bestellten Zeitpunkt auch ein angeschlossenes Fahrzeug bereitsteht oder der Fahrer in der Lage ist, den Transport auszuführen.
Kein Wagen gekommen  ? - Pech gehabt ! Dadurch das Flugzeug verpasst  ? - Tja - dann versucht mal eine "Mitfahrvermittlung" auf Schadensersatz zu verklagen!
Unfall mit dem billigen Wagen gehabt und ab jetzt arbeitsunfähig ? - Aber das war doch kein geschäftsmäßiger Transport. Da müsst ihr schon den Fahrer auf dem Wege der Privatklage belangen.
Der Mann hat kein Geld ? - Dann hast du die berühmte Arschkarte !

Abgesehen von der Tatsache, das dieses System die Scheinselbständigkeit von Fahrern fördert, die ohne jegliche Sozialversicherung als Tagelöhner arbeiten sollen (und das Arbeitsgerät auch noch selbst mitbringen müssen), ist die Beauftragung eines solchen Dienstes die Förderung von Schwarzarbeit (da die Fahrer ja ohne Gewerbezulassung und ohne steuerliche Gewerbeanmeldung unterwegs ist). Da die Abrechnung ja ausschließlich über Kreditkarte erfolgt, hat das Finanzamt keine Mühe, jedem Fahrer jede Fahrt auf Heller und Pfennig nachzuweisen. Die Steuerforderung kommt so sicher wie das Amen in der Kirche. Bei häufigen Fahrten geht natürlich das Finanzamt davon aus, das die Transporte gewerbsmäßig durchgeführt wurden - die Folge ist der Besuch des Hauptzollamtes und des Gewerbeamtes (mit jeweiligen schönen dicken Bußgeldern und Nachforderungen).

Und wie sieht es beim Kunden aus ? Nun denn - bei einer oder zwei Fahrten wird wohl nichts passieren. Kommt aber eine Kreditkarte öfter unter das Auge des Kontrolleurs (und seines Computers) - dann ist die Strafanzeige wegen Förderung der Schwarzarbeit mit sehr empfindlichen Bußgelder die normale Folge. Und das zu Recht ! Wenn der Uli Hoeneß seine Auslandgeschäfte nicht versteuert, ist das Steuerhinterziehung. Wenn ich mein Mehrfamilienhaus von einer rumänischen Arbeitskolonne ohne Quittung sanieren lasse, ist das Steuerhinterziehung und wenn ich mich ohne Quittung und ohne Gewerbezulassung regelmäßig transportieren lasse, so ist das nicht minder ein Verstoß gegen geltendes Steuerrecht. Das Landgericht Frankfurt hat diesem Spuk - Gott sei Dank - ein schnelles Ende bereitet und die Vermittlung solcher Schwarzfahrten mit hohen Bußgelder belegt, bevor jemand in Folge des mangelnden Versicherungsschutzes zu Schaden kommt (den dann übrigens die Gemeinschaft der Steuerzahler aus der Scheiße holen dürfte). Die Gewerbeordung, das Arbeitsrecht und das Handelsgesetz lassen genug Schlupflöcher den Kunden und den Arbeiter übers Ohr zu hauen. Wer aber meint, unsere Rechtsordnung lasse sich sehenden Auges ins Gesicht spucken, irrt sich. Und das ist auch gut so. Wer glauben machen will, er habe ja nicht gewusst, das es sich dabei um eine gewerbsmäßige Transportdienstleistung handelt, argumentiert im gleichen Stil wie ein Kunde auf dem Vergnügung-Rondell an der Gladbecker Straße, der erzählen will, die jungen Damen aus Bulgarien stünden da zu ihrem Vergnügen.

Wer sich heute darüber wundert, wieso in Deutschland Bauarbeiter arbeitslos sind (weil die Bauten von osteuropäischen Kolonnen gezimmert werden), wieso es nicht möglich ist einen Flughafen fertigzustellen (weil die billigen Firmen teilweise ohne jegliche Qualifikation an der Ausschreibung teilgenommen haben) und wieso es so wenige Fachgeschäfte gibt (weil doch der Anbieter aus dem Internet soviel günstiger war) - der sollte mal sein Konsumentenverhalten hinterfragen. Wer heute bei den Kosten spart, darf sich über umgreifendes Lohndumping nicht wundern und nicht jammern, wenn sein eigener Arbeitsplatz in Zukunft schlechter bezahlt wird.
Billiger geht es - aber es kommt uns dauerhaft einfach zu teuer !

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