Sonntag, 13. April 2014

Alle Jahre wieder - oder warum sich Geschichte wiederholen könnte.

Der Sommer steht vor der Tür !
Wir leben in einer Gesellschaft, die von den meisten Menschen als lebenswert und sicher angesehen wird. Man hat seine Arbeit, seine Rente, das Schulsystem funktioniert so leidlich, die Einkommen und die Kaufkraft sind halbwegs erträglich, die Grenzen sind sicher und das größte Problem für manche ist das Abschneiden der eigen Mannschaft (egal welche Sportart) oder der nächste Sommerurlaub. Wirklich ernste Sorgen sind nur persönlicher Natur und es geht den meisten Menschen im Jahre 2014 relativ gut.
Politisch regiert uns ein Bündnis aus Sozialdemokraten und Christlichen, wir sind Mitglied eines starken Militärbündnisses und unsere Wirtschaft wächst langsam, aber auf hohem Niveau. Große gesellschaftliche Fragen gibt es nicht - es lohnt sich zu leben in Deutschland im Jahre 2014.
Wir sehen uns am Beginn eines schönen Sommers.
Blenden wir mal 100 Jahre zurück. Da jubelten die meisten Menschen dem Kaiser zu. Das war Wilhelm II (der Kerl mit dem schicken Schnurbart!). Die Wirtschaft des Jahres 1914 wuchs langsam, aber auf hohem Niveau. Die Grenzen waren sicher; man war durch den Dreibund mit Österreich-Ungarn und Italien in einem starken Bündnis und außerdem war der Schnurbart-Willy noch mit dem russischen Zaren und dem König von England verwandt. Die Löhne und Preise ließen den meisten Menschen ein auskömmliches Dasein und das Schulsystem bildete die Jugend für damalige Verhältnisse lediglich gut aus. Gesellschaftliche Fragen warfen nur ein paar ganz Unzufriedene auf - der Großteil der Bevölkerung war der Meinung :"Es lohnt sich zu leben im Deutschland des Jahres 1914". Man sah sich am Beginn eines schönen Sommers.

Und dann passierte es ;
Als dann ein serbischer Student in Sarajewo den Erzherzog-Thronfolger Österreichs nebst morganatisch angetrauter Gattin mehr durch Zufall als durch Können auf dem Appelkai in die ewigen Jagdgründe schickte - begann eine Abfolge von tragischen Ereignissen. Zunächst gab es in Österreich einen Aufschrei. Nicht in der Bevölkerung - da war der Erzherzog viel zu unbeliebt - aber beim Östereichischen Kaiser (Franz-Josef II - der Mann von Sissi!). Man drohte den Serben mit Krieg, wenn sie nicht ein Ultimatum zur Herausgabe der Übeltäter erfüllen würden. Der deutsche Kaiser, in Nibelungentreue an der Seite seines Bündnispartners Österreich rasselte schon mal mit dem Säbel. Obwohl Serbien das Ultimatum erfüllte, erklärte der Franz-Josef dann Serbien den Krieg (nachdem ihm der deutsche Kanzler v.Bethman-Hollweg dazu geraten hatte). Das rief den russischen Zaren auf den Plan, der seine serbischen Brüder nicht im Stich lassen wollte. Bündnistreu erklärte Rußland Österreich den Krieg - und Deutschland daraufhin den Russen (!). Frankreich erfüllte seine Bündnisverpflichtung gegenüber den Russen und erklärte Deutschland den Krieg. Und weil die Deutschen so gerne durch die Ardennen marschieren und die belgische Neutralität nichts zählte - fühlte sich England dann genötigt, den Belgiern zu Hilfe zu kommen und ebenfalls Deutschland den Krieg zu erklären. Da die Türken (damals noch osmanisches Reich) von Russland gerne die Krim und den Kaukasus haben wollten, traten diese der Österreich-Ungarn-Deutschland-Fraktion zur Seite und erklärten ebenfalls den Briten,Franzosen und Russen den Krieg. Tja  gloreiche Zeiten. Aber wir standen ja nicht allein. Wir waren wirtschaftlich stark und wir hatten mächtige Verbündete. Da war es doch quasi unsere Pflicht, den Serben zu zeigen, was wir unter wirklicher Freiheit verstehen (die die Serben zu verstehen hatten!).
Und statt sich im August/September 1914 in Lugano, Warnemünde oder Biarritz bei kühlem Bier die Sonne auf den Bauch scheinen zulassen, standen plötzlich 15 Millionen Europäer mit Stahlhelm und Gewehr in den Schützengräben und fochten tapfer für den Ruhm und die Ehre ihres jeweilgen Vaterlandes. Statt Ruhn und Ehre gab es allerdings für viele Soldaten dann doch nur Holzkreuze oder Prothesen. Die Deutschen, die Österreicher und die Russen verloren ihre Kaiser (und einen Teil der Bevölkerung), den Franzosen wurden weite Teile ihres Landes verwüstet und den Engländer die Finanzen so durcheinander gewirbelt, dass sie in Folge dessen langsam aber unaufhaltsam ihr Weltreich verloren.

Und wieder wird es Sommer
Es gärt im Osten Europas. Die Russen auf der Krim wollten zu Rußland - und sind es jetzt. Und nun wollen die Russen in der Ost-Ukraine auch zu Rußland (warum auch immer). Das können wir uns doch nicht bieten lassen. Schließlich hat doch die Ukraine einen neuen Präsidenten, nachdem tapfere Freiheitskämpfer auf dem Majdan-Platz für die Demokratie und den Anschluß an die EU gefochten haben (und den versprochenen EU-Milliarden). Jetzt ist der böse (russenfreundliche) Präsident endlich weg und der gute (westlich-orientierte) Präsident im Amt - aber die kreuzdummen Ukrainer wollen partout nicht die Segnungen des westlichen Lebensstils annehmen. Ob es vielleicht daran liegt, das der neue Präsident so aussieht, wie ein Buchhalter der Ortskrankenkasse und genauso wenig durch eine freie, geheime und demokratische Wahl legitimiert ist, wie sein Vorgänger? Die Abstimmung der Krim-Bewohner über ihre Zukunft, war doch keine echte Wahl - der Abgewählte hat sie ja nicht gutgeheißen. Aber man wird es den Aufständischen schon zeigen, wo der Hammer hängt - und ihnen die Demokratie bringen (ob sie wollen oder nicht). Wir haben schließlich die Pflicht die Demokratie oder was wir darunter verstehen müssen, in alle Länder der Welt zu bringen. Und wir stehen ja auch nicht allein; wir haben mächtige Verbündete und es ist qusi unsere Pflicht, den Ukrainern zu zeigen, was wir unter wirklicher Demokratie verstehen (und die Ukrainer zu verstehen haben).

UND WIEDER GLAUBT MAN : 
WIR SIND IM RECHT. 
WIR SIND UNBESIEGBAR. 
WIR WERDEN GEWINNEN.

NEIN - da gibt es keine Parallelen !
Man muß doch weltpolitisch unterscheiden können. So einfach ist das heute nicht!
Ein Ost-Ukrainer, der gegen die Regierung in Kiew kämpft, ist ein undemokratischer Idiot
Aber :. Ein Syrer, der gegen dass Assad-Regime kämpft, ist ein Freiheitskämpfer.
Ein Ukrainer, der gegen die Besetzung der Krim durch die Russen kämpft - das ist ein Patriot.
Aber : Ein Argentinier, der gegen die Besetzung der Malvinen durch Engländer kämpft - das ist ein Terrorist.
Ein Iraner, der sich für einen starken Iran einsetzt - das ist ein böser islamischer Fundamentalist.
Ein Amerikaner, der sich für die Stärkung Amerikas einsetzt - das ist ein guter Repräsentant der freien Welt !
Die Abspaltung der amerikanischen Kolonien von England - das war ein Freiheitskampf.
Aber : Die Abspaltung der Krim von der Ukraine - das ist ein Verbrechen.
Die Rückführung der Südstaaten der USA in die Union - das war ein Segen.
Aber : Die Rückführung der Ost-Ukrainer in die russische Föderation - das ist ein Übel.
Der liebe gute schwarze Onkel aus Amerika - der verteidigt die Demokratie und die Werte der freien Welt. Seine Soldaten verteilen Kaugummi und sehen so aus Ronald McDonald oder Homer Simpson.
Aber : Der böse blonde Onkel aus Moskau - der will euch die Bonbons klauen und seine Helfer sehen so aus Josef Stalin.

Wir sollten uns heute so verhalten, wie wir uns 1914 hätten verhalten sollen :
NEUTRAL BLEIBEN
Stellt Euch vor : es gibt Weltkrieg und die Deutschen machen nicht mit !
 
Unser Wertesystem - Ein Segen für die Welt ! ?
Unser Werte-System der parlentarischen Demokratie ist ja nun auch das einize System, in dem es sich zu leben lohnt. Das wir das exportieren müssen - das ist doch wohl klar! Nur, wer so lebt, wie wir es wollen (oder es nach Maßgabe des Onkels aus Amerika zu wollen haben) - der lebt richtig. Und wenn es manche Völker nicht wollen, so werden wir ihnen schon zeigen. Nur eine frei gewählte Regierung versteht es wirklich das Volk, glücklich zu machen. Und was der Wille der Völker ist, das erklären euch die Cowboy mit dem Sternenbanner bei Zeiten schon!
Hier mal eine kleine Liste der Länder, in denen noch keine Demokratie herrscht und bei denen ein baldiger Einsatz von NATO-Truppen ebenfalls geboten scheint. 
1.) MONACO - ein absoluter Fürst knechtet ohne Verfassung die arme Bevölkerung.
2.) VATIKAN - ein religiöser Führer strebt die Weltherrschaft an.
3.) NEPAL - ein König schränkt ohne Parlament die Grundrechte ein.
4.) AMAZONIEN - die Regenwald-Indianer weigern sich Wahlen abzuhalten.
5.) SÜDPOL - keine Parteien zugelassen und keine Wahlen abgehalten.
6.) KENIA/TANSANIA/UGANDA - Die Massai-Stämme haben noch einen absoluten König.
7.) NAMIBIA - Die Namib-Pygmäen wollen kein geschriebenes Rechtssystem einführen.
Man braucht also für die Erhaltung seines nationalen oder transatlantischen Selbstwertgefühls auch 100 Jahre nach der Weltkriegs-Katastrophe keinen neuen Weltkrieg vom Zaun zu brechen  - es gibt genug Gegner in der Taschengeld-Preisklasse. Schneller Sieg inklusive. 

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