Montag, 5. Mai 2014

Das deutsche Fernsehen - Zum Tode von Heinz Schenk

Es gibt Gesichter, die vergisst man nicht. Es gibt Gesichter, die kann man sofort mit etwas verbinden. Als ich diese Woche vom Tode Heinz Schenks erfahren habe, sind vor meinem geistigen Auge sofort die Momente wieder erschienen, in denen ich diesen überaus sympathischen Menschen gesehen habe. Und mir ist natürlich sofort der "BLAUE BOCK" wieder eingefallen, in dessen Verlauf Heinz Schenk seine Gäste mit den typischen "Bembeln" beschenkte.
Als Kind habe ich die Sendung oft gesehen - oder besser sehen müssen, da ich noch nicht über ein eigenes Fernsehen verfügte. Damals fand ich Heinz Schenk und die Sendung gar nicht so gut. Eher provinziel und langweilig. Aber er war doch prägend für meine Jugend. Sein recht leiser und höflicher Humor, seine etwas betuliche Art und sein immer sehr bürgerliche Präsentation waren damals nicht das, was ich unbedingt sehen wollte - und was uns heute mehr denn je fehlt.
Schauen wir doch einmal in die Programmzeitschrift :

 Navy CIS - L.A. CIS - How I met your mother - Homeland - The Mentalist usw.
 Da frage ich mich doch wirklich, ob ich nicht durch Zufall die Beilage der Sunday Times erwischt habe. Gibt es keine Sendungen mehr mit deutschen Namen ? Machen sich die Verantwortlichen nicht einmal mehr die Mühe für ihre billig eingekauften Konserven einen deutschen Namen zu finden ? Oder setzt man voraus, das zum verstehen eines deutschen Senders die englische Sprache nun unabdingbare Grundvoraussetzung geworden ist ? Und wenn dem so sein sollte - warum synchronisiert man dann dieses Mist noch ?

Verdachtsfälle - Detektive decken auf - Mein dunkles Geheimnis - Betrugsfälle usw.
Gegen Mittag verschmutzen solche Sendungen die Fernsehkanäle und ich möchte die Behauptung aufstellen dieses sei ein weiterer Versuch der Agentur für Arbeit Hartz4-Empfänger vom Sofa zu treiben. Geschichten der untersten Grenze geschmacklicher Erträglichkeit dargestellt von Laiendarstellern, die auf jeder Bauernbühne scheitern würden. Wenn das die lebengerechte Darstellung der deutschen Gesellschaft sein sollte (ohne das ich das bemerkt hätte), so bleibt mir nur die Auswanderung. Kreischende Gören ohne Bildung, gescheiterte Existenzen ohne Niveau, verblendete Chaoten ohne Zukunft - Gott schütze uns vor diesen Humanoiden !

Richterin Salesch - Richter Hold - Im Namen der Gerechtigkeit usw.
Die Schwemme von arbeitslosen Juristen hat sie uns beschert - die Gerichtsshow ! Haben früher die Juristen mit mieser Examens-Noten wenigstens noch die öffentliche Verwaltung bevölkert, so besuchen sie uns heute zur nachmittäglichen Fernsehzeit. Obwohl ich mich frage, ob die tägliche Vergewaltigung der Zivil- und Strafprozessordnung wirklich das Vorhandensein von Darstellern mit Abschluss in Jurisprudenz erfordert. Das hätte ebenso jeder mittelmäßig begabte Selbstdarsteller hinbekommen. Jedem Anwalt oder auch jedem, der nur rudimentär Erfahrungen im Justizwesen erlangt hat, kräuseln sich beim Ansehen dieser Sendungen die Nackenhaare. So stellt sich Klein-Fritzchen die Justiz vor.

Ich könnte die Liste von geistigen Verstümmelungen unseres Fernsehens fast unbegrenzt fortsetzen. Je mehr Sender auf "Sendung" gehen, desto mehr Mist werden an die geistigen Gestade der Zuschauer gespült. Das halte ich nicht zu Unrecht für eine Form der geistigen Umweltverschmutzung. Aber das ist nicht schlimm - mein Fernseher hat einen "AUS"-Knopf.

Kommen wir zurück zu Heinz Schenk. Provinziel und bürgerlich ist er mir erschienen. Und doch fehlt er mir heute. Nicht nur er fehlt mir. Wo ist das Ohnsorg-Theater mit seinen Stücken? Wo sind Leute wie Heidi Kabel und Willy Millowitsch? Wo sind Serien wie Daktari, Flipper, Der Doktor und das liebe Vieh und Bonanza? An literarischen Vorlagen dürfte es wohl kaum mangeln - wohl aber an der Qualität der Umsetzung. An der reinen handwerklichen Arbeit, die heute als überflüssiges Relikt der frühen Fernsehrjahre angesehen wird. Wenn man mal anschaut mit wieviel Hingabe und Sorgfalt früher Leute wie Wolf Schmidt, Heinz Schenk, Dieter-Thomas Heck, Rainer Holbe und Hans-Joachim Kulenkampff ihre Sendungen vorbereitet und bearbeitet haben, so kann man bei Betrachtung von Bohlen und Klum nur noch den Kopf schütteln und weinen. Man betrachte nur einmal die Akribie eines Loriot und vergleiche mal mit "Sechserpack" oder "Die dreisten Drei". Gut - der Herr von Bülow machte eine, vielleicht zwei Sendungen im Jahr und sah sich nicht gezwungen pro Woche mindestens 2 Stunden sendereife Beiträge zu liefern, aber bringt uns das inflationäre Zuschütten mit optischem Unrat wirklich etwas?

Mir erscheint, mit jedem großen Künstler, der heute von uns geht, stirbt nicht nur ein Teil unserer Jugenderinnerungen - es geht auch ein Stück handwerklichen Könnens unrettbar verloren. Und deshalb sind Menschen wie Heinz Schenk, die wirklich von der Pike auf gelernt haben und etwas konnten uns heute so wertvoll. Sie sollten unseren heutigen Fernsehverantwortlichen Vorbild und Mahnung zugleich sein, die Qualität der Sendungen nicht unter die Grasnarbe zu senken. Menschen orientieren sich oft an dem, was sie sehen. Hier sollte das Fernsehen eine kulturelle Aufgabe sehen.
Herr Schenk - was auch immer ich in meiner Jugend über den "Blauen Bock" gedacht haben mag - heute fehlt er uns - und Künstler wie Sie!

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