Montag, 17. August 2015

Völlig losgelöst ! - Gedanken zu Til Schweiger

ich bin ein Mensch der sehr gerne ins Kino geht und meistens auch viel Zeit vor dem Fernsehkasten verbringt. Ja - ich gebe zu, wenn ich nicht gerade die Welt mit neuen Posts beglücke, bin ich ein Couch-Potato mit dem Hang auch dort zuweilen einzuschlafen. Das ist allerdings sehr von der Qualität des Programms abhängig.

Nun geistert in letzter Zeit das Gesicht von Til Schweiger so häufig durch die Medien, das ich mich frage, wie denn nun sein neuer Film wohl heißen mag. Aber es geht diesem Herrn nicht um einen neuen Film. Erst versucht er mit seinem Namen eine Spendenaktion in Hamburg zu unterstützen. Das ist sein gutes Recht und da wäre ich vielleicht sogar bei ihm gewesen. Nun hagelte es Kritik an dieser Aktion. Nun, damit muß man leben können, wenn man vom Vermieten seiner Person als Darsteller im Fernsehen lebt. Statt aber nun cool und tough sein Ding einfach durchzuziehen und die Kritik nicht zu beachten, schimpfte Herr Schweiger in einer Weise auf die Kritiker, das sich mir die Frage aufdrängte, warum ein Mensch so ausrastet. "Verpisst euch" und ähnliche verbale Auswürfe auf unterstem Gossen-Niveau sollten doch einem bekannten Schauspieler (der zu nicht unbeträchtlichem Maße von der Gunst der Zuschauer lebt) eigentlich nicht passieren. Ein Mensch, der derart dünnhäutig reagiert, zeigt, das er wohl sehr getroffen sein muß von dem, was ihm dort gesagt wurde.
 Nun - das hätte man als PR-Lapsus auch noch bald in die Kiste des Vergessens gesteckt und bei der Premiere der nächsten Komödie wäre alles wieder gut gewesen.

Aber NEIN - nun kommt die nächste Stufe ! Als wäre es eine spontane Idee gewesen (wie einst bei Karlheinz Böhm in Wetten dass?), verkündet Herr Schweiger nun in allen Medien, das er mal eben selber ein Flüchtlingsheim bauen will. So ganz aus dem Stehgreif - scheinbar. Jeder, der mal eine Garage gebaut hat oder das Fachwerkgebäude des örtlichen Schützenvereins renovieren wollte, weiß welcher Aufwand an Planung, Genehmigung und Vorarbeit eine kleine Baumaßnahme erfordert. Die Errichtung eines Heims für Flüchtlinge potenziert diesen Aufwand locker mit dem Faktor 5! Aber Til Super-Schweiger suggeriert dem geneigten Zuschauer, das er das mal eben aus dem muskelstrotzenden Handgelenk schütteln kann. Entweder hat dieser Mensch außer mit LEGO noch nie ein Haus gebaut oder die bisherigen Aktionen waren nur der Werbeaufhänger einer bereits lang vorher geplanten Baumaßnahme. Solch ein Flüchtlingsheim kann eine durchaus rentable Geldanlage sein und wenn es vielleicht bisher im Genehmigungsverfahren Probleme gab, so hat Herr Schweiger durch seine gezielte Werbemaßnahme die örtlichen Behörden nun stark unter Druck gesetzt. Nicht zuletzt, weil die Region, in der er dieses Heim erstellen will, traditionell sozialdemokratisch geprägt ist und die medienwirksame Schützenhilfe durch SPD-Chef Gabriel da so manches Abnicken durch örtliche SPD-Fürsten begünstigen kann. Bis dahin wäre auch noch alles gut gewesen. Geschickte Geldanlage und das Ausnutzen von Verbindung halte ich nicht für verwerflich.

Aber es geht noch weiter (Tja - der Til macht eben gerne Serien - nicht erst seit Lindenstrasse). Wer auf Schweigers Fb-Seite Kritik äußert, wird nun vom "erfolgreichsten Filmemacher Deutschlands" (eigener Einschätzung Til Schweigers) verbal in die Eier getreten. "Ihr seid so arm" - "Ich gucke auf euch runter" und teilweise Formulierungen, die ich hier nicht wiedergeben will. Traurig ! Wieso hat er es nötig, so zu reagieren? Sicher hat er gewissen Erfolg mit seinen Filmen, sicher zählt er zu den bekannstesten Gesichtern dieses Landes und unbestritten ist auch ein relativer Erfolg in den USA. Aber berechtigt das Herrn Schweiger selbstgefällig, beleidigend und verletzend mit Kritikern umzugehen? Nein, aber es ist scheinbar seine Art. Es gibt seit 10 Jahren keine Vorpremieren mehr für die Presse - die Filme Schweigers werden nur noch für einen von ihm handverlesenen Kritikergruppe vorgeführt. Journalisten oder Kollegen, die dem großen Til nicht genehm sind, werden nicht nur verbal sondern auch schon mal körperlich angegangen (BILD berichtete)

Wenn wir uns also mal die Person des Til Schweigers betrachten, so sehen wir einen Menschen, der mit seinem eigenen Erfolg nicht gewachsen ist. Statt souverän mit Kritik umzugehen, sich sachlich mit Kritikern und Zweiflern auseinander zu setzen oder einfach lächelnd darüber hinwegzugehen, verzettelt sich ein Mensch mit einem Stern auf dem "Walk-of-fame" in Hollywood in rhetorischen Grabenkämpfen untersten Niveaus. Warum? Weil er heute der Meinung zu sein scheint "Ich bin der Größte". Da ihm im seinem Umfeld vermutlich niemand widerspricht, Kritiker ausgeschlossen wurden und sich genug Leute in seinem Glanz sonnen dürfen, die vermutlich noch ein altes Taschentuch mit Popel als sakrosante Reliquie des heiligen Til ansehen, ist er der felsenfesten Überzeugung, auf alle Anderen im hohen Bogen pissen zu dürfen. Und selbst dabei hat er ja noch aus einigen Kreisen Applaus. In der Politik kennt man solch ein Verhalten als Cäsarenwahn. Es fehlt jetzt nur noch die Schweiger-Bibel mit dem Textauszug ".....am Anfang erschuf Gott den Himmel und die Erde - nach einem Drehbuch von Til Schweiger"(grins). Er erlebt in seinem Umfeld keinen Widerspruch und doch wird er tief im Inneren um die eigenen Unzulänglichkeit wissen. Armer Til.

Es ist leider die Krux der Menschheitsgeschichte, das es immer wieder teils wirklich geniale Menschen gibt, die leider charakterlich nicht mit ihrem Erfolg Schritt halten konnten. Als  Grund dafür mag man vermuten, das er sich trotz seines Erfolges seiner eigenen Unzulänglichkeit bewußt ist. Er ist als Schauspieler durchaus bekannt - aber ist er wirklich gut? . Wer jemals darstellende Künstler wie Josef Meinrad, Gert Fröbe, Klaus-Maria Brandauer und Klaus Kinski erlebt hat, der legt andere Maßstäbe an. Wenn Meinrad auf der Bühne einen Kühlschrank gespielt hätte, dann hätten sich die ersten zwei Reihen des Publikums im Hochsommer einen Pullover angezogen. Wenn Kinski auf der Bühne agierte, herrschte seine quasi körperliche Präsenz im Zuschauerraum bis in die letzte Reihe. Und ein Gert Fröbe konnte den Räuber Hotzenplotz genauso liebevoll und überzeugend auf die Leinwand bringen, wie den Kindermörder Schrott. Die Darstellung des Oberst Redl durch Brandauer zählt heute noch zu den herausragenden Highlights deutscher Filmgeschichte. Dagegen kann Kokowääh oder Keinohrhasen künstlerisch nicht ankommen. Und an der Kinokasse wird selbst "Honig im Kopf" von einer Bande gelber, glubschäugiger Bananenfresser mit spielerischer Leichtigkeit in die Wand genagelt. Und das tut weh! Wenn man sich selber für den Besten halten will, aber immer ein Anderer mehr Erfolg hat - dann staut sich das auf und es kommt halt zu einem oder mehreren Ausrastern. Aber die bringen nicht nach vorne - die werfen nur noch mehr zurück. Wenn man dann versucht, wenigstens noch als "Gutmensch mit Herz" zu brillieren und auch hier die gewohnte Zweitrangigkeit nicht überwinden kann, dann reagiert man eben so, wie Herr Schweiger es getan hat.

Ich wünsche Herrn Schweiger, dass er neben seinen durchaus unbestrittenen Erfolgen nun auch die Chance ergreift zu menschlicher Größe zu reifen. Etwas mehr weltmännische Nonchalance, souveräne Gelassenheit und eine angemessenere Ausdruckweise im Umgang mit Kritik stünden ihm doch viel besser zu Gesicht. Die Rolle des pöbelnden Rauhbein mit Herz kann man glaubhaft mit 35 Jahren rüberbringen - aber doch nicht im Vorruhestandsalter! Douglas Fairbanks sagte einmal "Mit 40 Jahren kann man nicht mehr den Draufgänger spielen - aber nach 3 Cocktails glaubt man es noch". Curd Jürgens meinte "Mir ist die Kritik egal - Hauptsache der Name ist fett gedruckt und richtig geschrieben". Und diese Namen der Filmgeschichte kennt man auch noch lange nach ihrem Tod. Bleibt zu hoffen, dass auch bei Herrn Schweiger die Chance zu lernen und sich zu entwickeln nicht vertan ist.

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