Sonntag, 20. Juli 2014

Bombenstimmung. Gedanken zum 20.Juli

Nun ist es wieder einmal so weit. Der 20.Juli steht ins Haus und neben einiger salbungsvoller Worte unseres bundespräsidialen Ersatz-Jesus aus Rostock im Bendler-Block zu Berlin anlässlich der Vereidigung junger Bundeswehr-Rekruten sendet das deutsche Fernsehen zeitversetzt auf allen Kanälen mehr oder minder gelungene semi-dokumentarische Spielfilme mit einer zum Helden stilisierten Person - Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
Es ist eigentlich müßig, hier die Ereignisse vom 20.07.1944 noch einmal zu beleuchten. Zu sehr wurden bereits durch o.g.Filme und Zeitungsartikel der missglückte Bombenanschlag auf Adolf Hitler in allen Details einer breiten Öffentlichkeit zugetragen. Die medienwirksame Heroisierung dieses Oberst im Generalstab möchte ich hier nicht durch Ausbreiten der bekannten Details vertiefen.
Ich möchte nur hier mal eine Frage beleuchten ? Waren Oberst Stauffenberg und seine Herren im Generalstab wirklich die Helden als die sie uns heute vermittelt werden. Waren sie "die deutschen Widerstandskämpfer" die quasi mit blütenreiner Weste das bessere Deutschland durch die Nazi-Zeit gerettet haben? Ich sage hier ganz klar Nein !
Als am 20.Juli die Bombe unter dem Kartentisch in der Wolfsschanze detonierte, ging es den Verantwortlichen nicht um die Manifestation eines anständigen Volkes unter der Knute einer Gewaltherrschaft. Zum Volke fühlten sich die Herren mit Monokel und roten Biesen an den Uniformhosen nicht zugehörig. Sie betrachteten sich als Führungselite und als durch Adel und Grundbesitz zur Führung prädestinierten Klasse. Es ging ihnen auch nicht um die Erhaltung des deutschen Volkes. Sie dachten eher in internationalen gesellschaftlichen Ebenen und nicht wenige von ihnen hatten ihre Ausbildung in exklusiven Internaten in der Schweiz oder an englischen Eliteschulen absolviert. Um Demokratie ging es ihnen schon gar nicht. Adligen, die seit Friedrich dem Großen als großagrarische Grundherren oder privilegiertem Beamtentum ihr Dasein und Fortkommen aus der familiären Bindung zum jeweiligen deutschen Potentaten herleiteten, hatten mit der Demokratie nicht viel im Sinn. Ihr Ziel war eigentlich ein Ständestaat, in dem sie geburtsrechtlich die Führungsrolle an sich binden konnten und für die schon die Vorstellung ein bürgerlicher Emporkömmling würde in die Ränge von Staatsräten oder Stabsoffizieren aufsteigen können einen Grad der Unerträglichkeit darstellte, der heute unvorstellbar ist.
Der Nationalsozialismus hingegen bot für fast Jeden die Möglichkeit des sozialen Aufstiegs und propagierte in Opposition zur "klassischen" Hochschulbildung das Ideal des schaffenden Werktätigen und den aus der Praxis aufgestiegenen Ingenieurs. Der Ingenieur-Offizier als gleich besoldeter Kamerad war natürlich für einen "von und zu" mit 200 Jahren Stammbaum kein Kamerad im eigentlichen Sinne. Das solche "Leute" überhaupt Offiziere und (in begrenztem Maße) sogar Generäle stellen durften, war für die Adligen nur erklärbar mit dem hohen blutzollbedingten Ausfall von Offizieren an der Front. Gleichberechtigung war ihre Sache nicht. Es ist dabei bemerkenswert, das von den im Rahmen der in Folge des 20.Julis verhafteten Mitverschwörer kaum ein aus "kleinen Kreisen" entstammender Offizier oder Beamter zu finden ist.
Es muß also für die Widerstandsgruppe in des Heeres (merkwürdigerweise nicht in der Luftwaffe oder der Marine, wo ein Aufstieg nur durch persönliche Leistung und nicht durch das Protegé der Herkunft möglich war) andere Gründe geben.
Das nachträgliche Erschrecken über die unbestrittenen Gräueltaten des NS-Regimes kann es kaum gewesen sein. Das "demokratische" Offizierskorps der "Weimarer Republik" protestierte nicht, als nach dem Tode Hindenburgs eine Vereidigung auf den "Führer" erfolgte. Die frisch aufgerüstete Wehrmacht legte keinen Widerspruch ein, als die SA mit ihrem Stabschef Röhm mittels Gewehrkugeln ihrer Führung beraubt wurde und die Toten als Opfer von "Staatsnotwehr" von Hitler selbst im Reichstag zugegeben wurden. Die Wehrmachtselite rührte sich nicht, als Sozialdemokraten und Kommunisten in Lager gesteckt wurden. Kein Ton war von der "moralischen Führungseilte des deutschen Volkes" zu hören, als man 1938 den Rosensteins,Levis und Salomons die Schaufenster einwarf und die Verfolgung andersgläubiger ihren Lauf nahm. Auch als man Polen, Frankreich, Dänemark, Belgien und Jugoslawien quasi im Handstreich militärisch geschlagen wurden zogen es die Herren vor, lautlos ihre Beförderungen, Dotationen und Orden willfährig in Empfang zu nehmen. Gelegentliches gesellschaftliches Räsonieren über den "böhmischen Gefreiten" im Offizierscasino oder auf dem Rennplatz einmal außer Acht gelassen.
Der feine Herr Oberst Stauffenberg hat sich auch als Chef des Stabes beim Führer des Ersatzheeres nicht geschämt, 16jährige Schulbuben in Uniform zu stecken und an die Front zu senden. Das muntere Hin- und Herschieben von Ersatzdivisionen aus Schulkindern, Kriegsinvaliden  und Frührentnern hatte den Herren Offizieren mit Adelsprädikat nicht sehr viel ausgemacht. Den eigentlichen Willen zum aktiven Widerstand hatte eine ganz andere Ursache. Die meisten Adelfamilien begründeten ihre Existenz auf Grundbesitz und hohen Beamtenposten. Die Erhaltung des deutschen Staatswesens war also die Garantie für die spätere Zahlung üppiger Pensionen und der Russe bedroht mit seiner siegreichen Roten Armee bereits die Ausläufer ihrer ostelbischen Krautäcker. Da mußte schließlich gehandelt werdem Wovon sollte denn die alte Reichsfreifrau von XY leben, wenn ihre Familie der Erträge landwirtschaftlicher Ostgebiete oder der Legatonsratspension beraubt worden wäre. Man konnte ja nicht ahnen, das eine Bundesrepublik diesen Herrschaften großzügige Lastenausgleichszahlungen leisten wird und die Pensionen weiterlaufen. Nein, man mußte handeln, wollte man nach einem (wenn auch verlorenenen) Krieg die Grundlagen der eigenen Kaste erhalten. Und so legte der Herr Oberst am 20.Juli einen Sprengsatz unter den Kartentisch der obersten Heeresleitung in der selbstüberschätzten trügerischen Hoffnung, die alten internationalen Freunde mit der anderen Feldpostnummer würden einen Separatfrieden abschließen, damit man zumindest den bösen Russen weiter bekämpfen kann. Das es einem Oberst des Heeres nicht gelang, eine Lagebaracke fehlerfrei in die Luft zu sprengen, was jedem Unteroffizier der Pioniertruppe gelungen wäre, sei hier nur am Rande erwähnt. Die organisatorischen Gründe des Scheiterns dieses Putsches werfen ein gleichsam erbärmliches  Licht auf die militärischen Fähigkeiten der "Heereselite" um die Herren um Graf Stauffenberg
Auf die Person des Grafen Stauffenberg bin ich übrigens als Kind zufällig gestoßen. Ich ging mit meinem Großvater einkaufen. Er kaufte sonst immer bei Edeka ein, jedoch folgte er einmal dem Rat doch sein Glück bei ALDI zu versuchen. Wir fuhren mit dem Einkaufswagen durch die Gänge, als mein Großvater vor dem Brotregal plötzlich stoppte. Er nahm ein Paket geschnittenes Brot aus dem Regal und betrachtete eine Zeit lang die Aufschrift "Brotfabrik Staufenberg" . Sein Kommentar "Jetzt backt der Bombenleger schon Brot!"

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