Sonntag, 13. Dezember 2015

Rien ne va plus ? Doch - da geht noch was. Zur Wahl in Frankreich

Da freuen sich doch die Altparteien um Sarkozy und Hollande wie die Schneekönige und tanzen schon mal um den Elysee-Palast, wie kleine Kinder ums Töpfchen, wenn sie erfolgreich reingeschissen haben. "Die Regionalwahlen in Frankreich haben wir gewonnen" tönt es aus der Mainstream-Presse und Sozialisten wie Bürgerliche klopfen sich siegestaumelnd gegenseitig auf die Schultern. Doch wer hat hier eigentlich gesiegt ?

Beleuchten wir die Wahl doch mal genauer. Das Zweckbündnis zur Erhaltung ihrer Macht und ihren Fleischtöpfen kann zwar in allen 13 Regionen die Regierung stellen, eine geschlossene Mehrheit des Volkes ist das aber nicht.
In 2 Regionen erlangte das bürgerliche Bündnis die Regierungsverantwortung mit absoluter Mehrheit.
In 1 Region erlangten die Sozialisten die Regierungsverantwortung mit absoluter Mehrheit.
In den anderen 10 Regionen erzielten das Mitte-Links-Bündnis relative Mehrheiten. Auf Korsika mit nur 36,8 %.
In absoluten Wählerstimmen hat der Front National sogar zugelegt - vom Verlust einer Wahl kann also wirklich nicht die Rede sein.

Rein juristisch gesehen war die Wahl rechtens. Alles legal ! Ob sie auch legitim ist, das wage ich zu bezweifeln. Der durchsichtige taktische Schulterschluß zwischen Bürgerlichen und Sozialisten und der Verzicht auf die Teilnahme an Wahlen, bei denen der jeweils abgeschlagene Bewerber zu Gunsten seines eigentlichen Konkurrenten freiwillig die Wahlliste zurückzieht, hat mit dem ursprünglichen Sinn der Demokratie nichts zu tun. Da könnte sich auch Frau Merkel mit Herrn Gabriel darauf einigen, in welchen Bundesländern die SPD nicht mehr antritt, um der CDU den Sieg zu sichern. Und umgekehrt. Diese Form politischer Einheitsparteien hatten wir schon einmal, als sich in der damaligen SBZ die SPD mit der KPD zur SED vereinigte. Und dieses "Bündnis der Arbeiterparteien" erzielte sogar immer fast 100 %. Bei Ergebnissen von 36 bis 51 % da von einem Wahlsieg zu faseln, kann nur dem schmerzfrei gelingen, der den Sinn von Parteien in der Demokratie nicht verstanden hat.

Es ist bezeichnend, das Staaten, in denen es faktisch keine oder nur eine schwache parlamentarische Demokratie gibt, die Bürger sich immer mehr als Opfer einer Politclique ansehen denn als wahrgenommener Bestandteil des demokratischen Systems. In Ländern mit traditionellem Zwei- oder Drei-Parteien-System (wie z.B USA oder Groß-Britannien) ist das nicht den Fall. Wenn aber - wie jetzt in Frankreich - aus wahltaktischen Gründen der sozialistische Hilfsarbeiter mit dem bürgerlichen Großgrundbesitzer eine reine Machterhaltungspartei gründen muß, dann ist schon im Kern für keinen der Beteiligten eine wirkliche Durchsetzung seiner politischen Positionen mehr möglich. Der einzige Gewinner ist der jeweilige Politiker, der sich weder um den einen, noch um den anderen Wähler wirklich kümmern muß, sondern schon auf Grund der Masse der Stammwähler unangefochten vor sich hin wursteln kann. Nur abhängig von der Gnade seines Parteivorstandes oder -Vorsitzenden. So schafft sich die Demokratie faktisch ab und wird zu einer Alt-Parteien-Oligarchie oder verkümmert gar zur Parteilen-Diktatur.

Frankreich hat gewählt und der FN hat keine Region gewinnen können. Das heißt aber nicht, das die Millionen von FN-Wählern morgen nicht mehr existieren. Das hat man bei den Kommunalwahlen gemerkt. Und man wird es beim Kampf um den Elysee-Palast im nächsten Jahr zu spüren bekommen. Nachdem im ersten Wahlgang der Regionalwahlen der FN die Altparteien grün und blau geprügelt hat, bedurfte es schon der gesamten Bandbreite politischer Taschenspieler-Tricks um gerade noch einmal die politischen Pfründe für den Bürgerlich-Linken Block zu sichern. Noch einmal wird es sehr schwer werden, das den Bürgern zu vermitteln. Und abgerechnet wird am Ende.

Das deutsche Wahlrecht sieht "Stichwahlen" in dieser Form nicht vor (außer bei manchen Bürgermeisterwahlen). Hier sind die Parteien aufgefordert, sich ihre Mehrheiten im Parlament nach der Wahl zu suchen. Das wird der SPD-CDU durchaus wieder gelingen - jedoch auf Kosten des eigenen politischen Profils, der eigenen Glaubwürdigkeit und der politischen Handlungsfähigket. Ein Einheitsbrei für alle hat eben immer ein wenig bitteren Beigeschmack. Aber es gibt da Alternativen für Deutschland.

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