„Mein Gott“ dachte ich „worauf habe ich mich hier nur
eingelassen“. Es ist Sonntagmorgen und es ist 10 Uhr 20 und ich sitze in einem
Flugzeug. Eigentlich müsste ich im Bett liegen. Zumindest sieht meine normale
Planung eigentlich so aus, aber heute ist nichts normal. Ich habe Urlaub – richtigen Urlaub. Nicht,
dass ich sonst keine Erholung brauche, aber meine bisherigen Urlaube waren
entweder 2 oder 3 Tage lang und erstreckten sich auf Ziele wie Helgoland oder
zu meiner Cousine Eva nach Niedenstein bei Kassel.
Mein Flugzeug - riesig und noch neu! |
Nun bin ich 16 Tage lang
weg. Weg, einfach weg. Und das auch noch mit einem Ziel, das so gar nicht in
mein Beuteschema zu passen scheint : THAILAND. Also eigentlich nicht richtig
Thailand, sondern Pattaya – ein Badeort, der weltweit einen gewissen oder
besser gewissenlosen Ruf genießt. Was habe ich von wohlmeinenden Mitmenschen
nicht im Vorfeld alles gehört: „Sündenpfuhl“, „größtes Bordell der Welt“,
„eigentlich nicht Thailand, sondern wie Malle – nur heißer und mit mehr Nutten“,
„Abzockhauptstadt“ und ähnliche, wenig schmeichelhafte Kommentare ergossen sich
in den vergangenen Tagen von Freunden, Nachbarn und Bekannten in meine Ohren.
Nun ja – zum Bumsen muss ich nicht nach Thailand fliegen- das kann ich hier
auch haben und Alkohol konsumiere ich
selten und nur in homöopathischen Dosen (an mir geht jede Brauerei bankrott).
Und ich fliege nicht 11500 km weit um meine Lebenseinstellungen zu ändern oder
meine Gewohnheiten über Bord zu werfen. Ich bin so, wie ich bin und daran
werden auch äußere Umstände nichts oder nur wenig ändern. Eigentlich hatte ich es ganz praktisch
geplant. Nach einer Nachtschicht am Funk unserer Taxizentrale nur kurz zu Hause
umziehen und duschen und dann direkt zum Flughafen – schlafen wollte ich in der
Maschine. Leider ist in der Economy-Klasse der Sitz etwas zu eng und die
Beinfreiheit etwas zu gering, als das ich eine auch nur halbwegs erträgliche
Position zum Wegnicken finden kann. Zu allem Übel sitzt in meinem Nebensitz am
Fenster (ich sitze am Gang) ein freundlich grinsender, intensiv mit seinem
Tablet-PC beschäftigter Asiate, dessen Ernährung wohl ausschließlich auf
Knoblauch zu basieren scheint. Sein olfaktorischer Wert liegt irgendwo zwischen
Ilja-Rogoffs-Knoblauchpille und polnischem Eintopf. Aber schlafen kann ich eh
nicht – ich bin zu aufgeregt und versuche meine Umwelt mit den Sinnen
aufzunehmen. Die Maschine setzt sich in Bewegung und holpert zur Startbahn. Vor
mir im Sitz sitzt ein gemütlicher drei Zentner Mensch, dessen vornehmlichstes
Interesse ist, die Stewardess um Bier anzugehen und sich vernehmlich mit seinem
Banknachbar über die Vorzüge der primären Geschlechtsorgane thailändischer
Teenager auszutauschen. Jeden sein Interesse, aber muss er das hier und quasi
öffentlich diskutieren? Auch im Urlaub – oder vielleicht gerade im Urlaub
sollte man sich doch wenigstens so benehmen, das man sich nicht schämen muss,
wenn man wieder zu Hause ist. Aber das Schamgefühl endet bei manchen Menschen
eben mit der Reichweite ihres Verstandes und die kann sehr, sehr kurz sein.
Mein Sitznachbar bekommt die Diskussion auch mit, guckt mich verständnislos an und
schüttelt den Kopf. Ich zucke mit den Schultern und schüttele mit. Nun gibt der
Pilot Gas und die Beschleunigung erzeugt einen vernehmlichen Druck. Draußen
huscht die Landschaft vorbei. Schneller, immer schneller – bis endlich ein
Abheben der Maschine in meinem Magen-Darm-Trakt zu spüren ist und aus dem
Seitenfenster erkennbar wir jede Bodenhaftung verloren haben. Nun bin ich weg –
weg für 16 Tage. 16 Tage keine gelben Autos. 16 Tage keine Kollegen und 16 Tage
einfach mal die Seele baumeln lasse. Meinen letzten Urlaub hatte ich im Jahre
2002 gemacht (8 Tage Moskau) und seitdem war viel passiert – fast schon zu
viel. Ich habe mich scheiden lassen, habe zwei verkrachte Beziehungen hinter
mich gebracht, bin 4-mal umgezogen, habe mir eine Wohnung gekauft, habe 3 Bücher geschrieben und mir 3
Autos gekauft. Jetzt war ich Urlaubsreif. Schon im letzten Jahr hatten mich
zwei gute Freunde – Sebastian Gause und Martin Schorn – gefragt, ob ich nicht
Lust hätte nach Thailand mitzufliegen, aber die Umstände (oder war es Feigheit?)
haben mich dann zurückschrecken lassen. Nun ist es soweit. Ich bin auf dem Wege
und das kam alles doch recht kurzfristig. 10 Tage zuvor hatte ich abends eine
Eingebung. „Flieg doch einfach“ sagte meine innere Stimme. Dann habe ich also
meinen Chef angerufen und um Urlaub gefragt (und mein Chef hat sofort
zugestimmt. Ein netter und verständiger Mensch mit Herz – doch, so etwas gibt
es!) und dann meinen Kumpel Pascal Heek
zum Kaffee eingeladen (der trinkt zwar keinen Kaffee – hat aber Erfahrungen mit
dem Online-Buchen von Flügen). 24 Stunden später hatte ich einen Flug gebucht
und ein Hotel reserviert. Mein Chef stellte dann noch den Kontakt zu einem
Limousinen-Service in Bangkok her und jetzt sitze tatsächlich ich in einer Boeing 777 der Etihad (der staatlichen Fluglinie der Vereinigten Arabischen
Emirate)und fliege in Richtung Ostasien. Mal sehen, was alles passieren wird.
Am persischen Golf kann man anscheinend Flughäfen bauen - in Berlin nicht! |
Als die Maschine (über Abu Dhabi) dann endlich auf der
Rollbahn in Bangkok aufsetzt bin ich erst mal fertig für den Tag. Überall
Rauchverbot und in Abu Dhabi war noch der Rauchersalon geschlossen. Ich brauche
eine Zigarre und einen Kaffee! 13 Stunden ohne Tabak ist für einen
Kettenraucher die reine Tortur. Wie Lemminge steigen die Passagiere aus dem
Flieger und folgen – den Reisepass in der Hand – der Schlange in Richtung
„Immigration“. Als die Schlange vor mir zum Stehen kommt, habe ich noch nicht
einmal die Halle erreicht in der die Abfertigungsschalter stehen. „Na,
Mahlzeit“ denke ich und mein einziges inneres Bestreben ist es, möglichst
schnell aus dieser Ansammlung Wartender in die Freiheit entlassen zu werden. Es
geht nur ruckweise vorwärts. Als die Schalter endlich in mein Sichtfeld
geraten, wird meine Laune auch nicht besser. Vor mir sind noch etwa 300
Einreisewillige. Meine Laune ist auf dem Tiefpunkt und mein Gesichtsausdruck
wohl dem entsprechend. Ich blicke nach oben und erflehe den Beistand des
Herrgotts. Wohin bin ich hier nur geraten? Durchatmen und weiter nach vorne
schleichen. Da erscheint plötzlich eine kleine, rundliche Frau in der brauen
Uniform der Grenztruppen der thailändischen Streitkräfte. Sie mag etwa Mitte
dreißig sein und trägt (im Gegensatz zu ihren Kollegen an den Schaltern) auf
den Schultern vier goldene Streifen und zwei Sterne. Sie packt mich am Arm
zieht mich aus der Schlange heraus, nimmt meinen Reisepass und geht mit mir an
der Warteschlange vorbei zu einem leeren Abfertigungsschalter. Dann knallt sie
einen Stempel in den Pass, reicht mir diesen lächelnd zurück und zeigt auf
eines der Gepäckbänder. Ich bin durch! Was diesen kleinen weiblichen
Grenztruppen-Offizier bewogen hat, mich aus der Schlange zu ziehen und
bevorzugt zu behandeln, weiß ich nicht, aber ich bin der Dame erst einmal sehr
dankbar und ein Lächeln drückt sich in mein Gesicht. Ich lächele sie an, sie lächelt zurück und
ich kann mir endlich eine Zigarre rauchen. Mit meinem Koffer haste ich aus dem
Flughafengebäude, denn das Rauchen ist drinnen unter der Androhung hoher
Geldbußen untersagt. Die Schiebetür öffnet sich, ich trete ins Freie – und
kriege einen Hammer auf den Kopf! Ich bin in einem Backofen gelandet. In
Sekunden treibt sich Schweiß auf meine Stirne, statt kühler Luft atme ich eine
Mischung aus Wasserdampf und Abgasen – also Jacke aus und Kippe an! „Scheiße“ denke ich – so heiß hatte ich es
mir nicht vorgestellt. Ich muss aber
sagen, dass ich seit Düsseldorf in durchweg klimatisierten Räumen gewesen war
und ich mich erst langsam an das Klima gewöhnen musste. Das Thermometer zeigt
34 Grad – bei meinem Abflug waren es gerade mal 6 Grad (und das war noch warm
für Februar). Die Zigarre ist ein Genuss, jedoch durch die lange Abstinenz
nikotinhaltiger Genussmittel stellt sich augenblicklich ein leichtes Schwindelgefühl
ein. Was mute ich hier meinem Körper eigentlich zu? An einen Betonpfeiler gelehnt blase ich blaue
Wolken in den Himmel. Hier bist du nun. In Thailand – am Arsch der Welt – als
stolzer Vertreter der europäischen Leitkultur ? Ich fürchte ich wirke auf meine
Umwelt hier eher wie ein Alien. Blass, nikotinsüchtig, der Landessprache nicht
eines Wortes mächtig und den Lebensumständen dieser Menschen so fern wie ein
Südsee-Insulaner einem Eskimo. Nachdem ich meinen Glimmstängel mit
zweifelhaftem Genuss verzehrt habe suche ich den Meeting-Point der
Ankunftshalle 3 (hier soll eigentlich ein Fahrer mit Namensschild auf mich
warten).
Die Halle ist da – der Fahrer nicht. Ich wollte mich
eigentlich ärgern, aber zu diesem Zeitpunkt bin ich etwa 30 Stunden auf den
Beinen, habe Kaffeedurst und keine Lust mich über etwas zu ärgern. Ich setze
mich also auf die Sitzgelegenheiten und genieße wenigstens die Klimaanlage des
Gebäudes als kostenlose Erfrischung. Vorhin war sie mir noch zu schwach
vorgekommen, aber nach der Backofenerfahrung der „freien Natur“ kommt sie mir
nun recht kalt vor. Ich warte also. 20 Minuten, 30 Minuten, 45 Minuten. Ich
würde ja den Limousinenservice anrufen, aber mein Handy liegt in Essen auf
meinem Schreibtisch. Da liegt es jetzt wirklich gut. Nach einer Stunde habe ich
die Schnauze voll. So lange wartet auch kein Kunde auf uns, wenn wir ihn in
Düsseldorf abholen sollen. Ich gehe also zu einem Schalter an dem zwei
gutaussehende Thailänderinnen genau so einen Limousinenservice anbieten, wie die
Firma die mich scheinbar versetzt hat. Sie lächeln freundlich – aber Englisch
können sie nicht. Deutsch auch nicht. Ich bemühe mein Küchentürkisch –
Fehlanzeige! Also mache ich „Brumm, brumm – Pattaya“ und simuliere mit meinen
Händen die Lenkbewegung eines Autos. Jetzt scheint man mich zu verstehen und
zeigt mir eine laminierte Karte auf der verschiedene Fahrzeuge abgebildet sind.
Ich zeige den Damen die Bewegung zwischen Daumen und Zeigefinger um den Preis
zu erfahren und eine der Beiden nimmt einen Taschenrechner und zeigt auf die
Fahrzeuge wobei sie jeweils einen Betrag auf dem Display eintippt. Ich tippe
auf einen Mercedes der neuen E-Klasse und ich lese auf dem Display 3000 Baht
(100 € sind 4.400 Baht). Für 135 km ist das nicht zu viel denke ich, nicke und
lege 3 Tausend-Baht-Scheine auf den Tisch. Sofort erscheint ein Mann in gutem
Anzug, nimmt mein Gepäck und führt mich zu einem brandneuen, schwarzen Mercedes
mit Lederausstattung. Er öffnet mir die Wagentür hinten links (in Thailand ist
das Steuer rechts) und meine Fahrt zum Hotel absolviere ich wie Präsident Gauck
(nur das der keine 3000 Baht bezahlt und dem Fahrer kein Trinkgeld gibt).
Der BAHT - schön bunt und immer mit dem König drauf! |
Nach 90 Minuten Autofahrt über recht gut ausgebaute
Autobahnen erreichen ich das Hotel. Es sieht mehr aus wie das
Verwaltungsgebäude einer Plantage. Offene Holzkonstruktion mit Sitzmöbeln und
einem Tresen. Gott sei Dank kann die Rezeptionsdame recht gut Englisch. Mein Zimmer
ist ein halber Bungalow mit Bad und Nebenraum und wirkt sehr sauber, wenn auch
einfach. Na ja – ich will auch für 30 Euro am Tag nicht zu viel erwarten. Eine
Klimaanlage ist drin (und die funktioniert!) und ein Fernseher auch – was will
ich denn mehr. Ich brauche Erholung und keinen 5 Sterne-Bunker. Der
Swimmingpool ist keine 50 Meter vom Haus weg und dort steht auch die Hotelbar,
die von 7 Uhr morgens bis 24 Uhr abends heißen Kaffee liefert. Ich stelle
meinen Koffer ab und werfe mich aufs Bett. Die Klimaanlage bewirft mich mit
kalter Luft. „Fein“ denke ich noch und schließe die Augen. Dann entschwinde ich
sanft in Morpheus Arme. 3 Stunden später werde wach und weiß erst gar nicht, wo
ich bin. Das Telefon klingelt und die Firma, die mich eigentlich abholen
sollte, entschuldigt sich bei mir, für ihren nicht erbrachten Service. Toll –
den Anruf hätten sie sich schenken können. Aber ich bin nun wach und mache mich
auf die Suche nach den beiden Kollegen, die schon seit ein paar Tagen hier die
Gegend unsicher machen. Leider kann mir der, nun an der Rezeption Diensttuende,
nicht helfen, da er mich offenbar nur rudimentär versteht und gar nicht weiß,
was ich von ihm will. Ich gebe auf und schleiche mich an die Bar, wo mir für 50
Baht ein Kännchen Kaffee etwas heimatliche Gefühle verspricht. Der Kaffee ist
sehr stark und hat wohl schon länger auf der Maschine gestanden, aber egal –
Hauptsache schwarz und heiß. Etwa eine Stunde später parkt plötzlich die Pranke
von Martin auf meiner Schulter. „Da bist du ja“ tönt es in meinen Ohren und die
beiden Strolche stehen in Badehose hinter mir. Ich sehe noch mitgenommen von
der Reise aus und so verabreden wir und für 20 Uhr in der Hotelhalle. Man will
mir Pattaya zeigen! Also ab unter die Dusche und erst einmal richtig ankommen.
Das Wasser der Dusche ist kalt. Man hat hier einen 5 Liter Wasserboiler von
Stiebel Eltron zum Durchlauferhitzer
umfunktioniert. Geht mit Übung ganz einfach. Inhalt rauslaufen lassen, dann
warten bis Heizelement anspringt und nun Wasserhahn wieder öffnen. Schon hat
man warmes Wasser zum Duschen. Eigentlich genial, aber in Deutschland würde man einen Durchlauferhitzer anbringen
und nicht die Warmwasserversorgung der Phantasie des Reisenden anheimstellen. In Anbetracht der Temperaturen (33 Grad und
gefühlte 90 % Luftfeuchtigkeit)
entschließe ich mich zum typischen Pattaya-Outfit. Keine Socken,
Jeanshose und weißes T-Shirt. Alles Weitere würde einfach zu warm sein und hier
laufen außerdem alle so herum. Hätte ich das geahnt, so hätte ich meinen
schwarzen Anzug zu Hause im Schrank gelassen.
Die Walking Street ist für Pattaya das, was Soho für London
und was die Reeperbahn für Hamburg ist – die Amüsiermeile (eigentlich ein
ganzes Stadtviertel mit Querstraßen, die hier landestypisch nummeriert
sind). Hier reiht sich Diskothek an
Restaurant, hier liegt Go-Go-Bar neben Szene-Schuppen, hier stolzieren die
Damen (und diejenigen die welche sein wollen) in aufreizender Weise durch die
Nacht, immer mit einem Auge auf die vermeintliche Barschaft des Kunden. Wir sind
hier die „Farang“. Farang (gesprochen Falang) – bedeutet Guave und ist ein Spottwort für Ausländer.
Damit haben die Thais vor 150 Jahren die Franzosen karikiert, die Thailand
gerne zu ihrer Kolonie machen wollten, aber an der geschickten Diplomatie des damaligen
Königs scheiterten.
Walking Street - Zivilisation mit (zum Teil) unzivilierten Besuchern |
Die Straße ist dicht bevölkert. Arabische Burnusträger ,
russische Urlauber und deutsche Touristen. Die Araber meist in Gruppen, die
Russen meist mit Wodkaflasche und die Deutschen meistens mit Sonnenbrand. Aber
die Attribute wechseln zum Teil. Deutlich erkennbar bleibt nur das
fremdkörperhafte Auftreten der Fremden. Wir sind hier nur Beute – nicht mehr.
In der Straße rennen Einheimische mit Kindern umher, als ging sie das auch nach
buddhistischen Werten unmoralische Treiben nichts an. Kleine mopedgetriebene
Garküchen bieten ihre Waren feil, fliegende Händler bieten allerlei Waren an
und vor den „besseren“ Lokalitäten versuchen sprachgewandte Portiers beiderlei
Geschlechts Kunden in ihre Etablissements zu locken. Es sieht aus wie auf der
Limbecker Straße am letzten Verkaufssamstag vor Weihnachten, nur das die
angebotenen Waren hier anderer Art sind. Ein Bettler ohne Beine kriecht über
den Asphalt, ein verkrüppeltes Kind streckt die Arme nach mir aus. Ich fühle
mich hier absolut fehl am Platze. Wie ein Mönch zwischen zwei Zitronen rolle
ich mit meinen Begleitern durch die, mit lauter Musik von allen Seiten
beschallte, Szenerie. Im ersten Laden, den man mir zeigen möchte (eine
Go-Go-Bar), ist es eng, dunkel und überfüllt. Meine Ohren werden mit zu
moderner Musik mit zu hoher Phonzahl zugeschüttet. Man rollt sich bis zur Bühne
vor und ich bestelle eine Cola. Vor mir auf der Bühne tanzen etwa 10 Mädchen
mit eher bescheidener Bekleidung an Metallstangen und lächeln uns, ob der
sicher nicht zu Unrecht vermuteten Barschaft, in einer Weise zu, wie ein Kind
dem Weihnachtsmann auf dem Christkindlesmarkt.
Kommunikation ist kaum möglich und wird von den meisten auch nicht
gewünscht. Die Augen der Farang hängen an den hüpfenden weiblichen Formen auf
der Tanzfläche. Ich betrachte die Szenerie und bin weitestgehen an Dantes
Inferno erinnert. Eine junge Dame (in Bekleidung) stups mich an und hält mir
einen kleinen Eimer mit Pingpongbällen entgegen. Dieser Eimer kostet 500 Baht
und wenn ich ihn kaufe, so kann ich den Damen auf der Bühne diese Bälle
zuwerfen (sie fangen die Bälle mit ihren Geschlechtsorganen und retournieren
sie in ihre privaten Körbchen – und erhalten dafür je Ball eine Prämie) oder
ich darf auch die Bälle in den diversen Körperöffnungen der Damen platzieren.
Ich zahle die 500 Baht und entschließe mich, dieses Spiel nicht mitzumachen.
Die Damen beginnen nun zu kreischen, als wäre ich der persönliche Zalando-Bote
und geben erst Ruhe, als ich einen Pingpongball in die Hand nehme. Wohin damit.
Ich werfe ihn in die Luft und die erste Dame fängt ihn mit ihren Händen. So
wiederhole ich den Vorgang und den Letzten Ball drücke ich einer jungen Frau in
die Hand, die gerade erst die Bühne betreten möchte. Lächelnd bedankt sie sich
– ob für den Ball oder für den nicht gerade gelungenen Versuch, wenigsten den
Damen (und auch mit) einen Rest an Würde zu bewahren weiß ich nicht, aber ich
bin zufrieden, das für mich keine Frau auf der Bühne etwas anderes machen
musste, als ihre Arme auszustrecken. Während ich an meiner Cola nippe,
durchkommt mich der Gedanke, das ich wohl besser die Monatswallfahrt nach
Kloster Stiepel mitgemacht hätte, als mir hier am Arsch der Welt die
Verrenkungen der einheimischen Damenwelt anzusehen. Nach einer Weile bricht
unsere Gruppe auf und ich bin froh die trommelfellvernichtende Szenerie
verlassen zu können. Die nächste Station ist die Windmühle („.. das ist der
schärfste Laden hier“) – Na ja, ich bin jetzt schon auf alles gefasst und mache
erneut den Wechsel zwischen schülwarmer Straße und klimaanlagengekühltem
Bumslokal mit. In der Windmühle räkeln sich die Damen auf dem Tresen, einige
tanzen an Stangen auf den Tischen und in der Ecke steht ein
2-Personen-Whirlpool in dem sich zwei Mädchen gegenseitig abseifen. Ein Bad
würde mir jetzt gut tun, jedoch glaube ich nicht, dass die johlende Menge der
männlichen Zuschauer es gutheißen würde, wenn ich dort meinen Körper in
ritueller Waschung zur Schau stelle. Für 100 Baht kann man hier die Damen mit
allerlei Dingen traktieren oder sie zu gewissen (nicht jugendfreien) Handlungen
verleiten. Ich entschließe mich nun mal etwas Neues auszuprobieren und bestelle
statt der Kola nun ein Bitter Lemon. Wenigstens ist die Musik hier so „dezent“,
dass man mit etwas Kraft sogar eine Unterhaltung führen könnte. Wir nehmen am
Whirlpool Platz, wobei ich mich an den Rand der Sofaecke setze, da ich den
Damen den Zugriff zahlungswilliger Zuschauer nicht einschränken möchte – sie
leben schließlich davon. Die Positionen der Damen wechseln im 5 Minuten-Takt
(wohl auch, damit die von den Gästen auf den Tischen benutzten Mädels
regelmäßig gewaschen werden) und nach
etwa 15 Minuten nimmt eine junge Frau ohne Bekleidung neben mit Platz. Sie hat
eine lebhafte Diskussion mit einem baumgroßen Neger, der hier wohl die
innerbetriebliche Ordnung darstellt. Mit einer Hand zeigt sie immer auf ihren
Nacken. Offenbar hat sie sich bei ihrer Tätigkeit den Nacken verknackst. Ich
beginne ihren Nacken zu massieren und nach kurzer Zeit bedankt sie sich mit
einem Lächeln, um dann die nächste Badewannenfüllung mit ihrem Körper zu
ergänzen. Nun steht ihre nachrückende Kollegin neben mir und zeigt auch auf
ihren Nacken. Also massiere ich auch hier die Halswirbelsäule und die
Rückenmuskulatur, wobei sie sich zur besseren Entspannung ohne Zögern auf meine
Knie legt und ihren Oberkörper auf die meines Nebenmannes. Positionswechsel !
Nun muss sie in die Badewanne und die nächste Kollegin steht grinsend vor mir,
bereit die Massageposition ihrer Kollegin einzunehmen. Nach etwa einer Stunde
habe ich 7 Bardamen von ihren Rückenleiden kuriert, ein Bitter Lemon getrunken
und verlasse mit den Kollegen den Laden, grinsend um die Tatsache wissend, hier
keine 3 Euro ausgegeben zu haben. Und trotzdem hatte ich mehr Kontakt zu den
Mädels als jene, die zahlreiche 100 Baht-Noten in sexuelle Gefälligkeiten
umgesetzt haben – und ich habe noch dankbare Gesichter geerntet. Als Mensch
wahrgenommen zu werden, ist bei den Damen wohl nicht so oft der Fall. Selbst
der baumlange dunkelhäutige Ordnungswächter zeigt mir einen „Daumen hoch“ und
grinst, obwohl sein Umsatz durch mich nicht üppig war, aber ich habe bei seinen
Damen für ein selten von Ausländern erzeugtes Wohlbefinden gesorgt!
Die Lady´s Bar Die Damen machen gerade Betriebsversammlung und sind aus Gründen des Jugendschutzes nicht abgebildet |
Unseren Absacker nehmen wir in der „Ladysbar“ einer
typischen Bar mit gemauertem Rundtresen hinter dem ein Mädel auf einem Podest herum
hüpft und die anderen Damen sich jeweils eines Kunden annehmen. Die Uhr zeigt
jetzt 3 Uhr morgens und ich bin eigentlich hundemüde. Mir links zur Seite sitzt
eine junge Dame, die sich den Bauch festhält. Mein erster Eindruck ist, sie hat
zu viel getrunken. Ansonsten wirkt sie ganz proper. Nicht zu groß, dunkle Haare
und eine etwas rundliche Figur. In regelmäßigen Abständen verschwindet sie nach
hinten. Ich frage bei der „Mamasan“ – der Barbetreiberin – was mit ihr los ist.
„Anna krank“ bekomme ich in gebrochenem Deutsch zur Antwort. Ich frage, ob sie
schon beim Arzt war und erhalte zur Antwort „Arzt nix – zu teuer“. Nach der
zweiten Cola und etwa fünf kurzen Weggängen der jungen Frau, frage ich wie hoch
die Auslöse für ein Barmädchen ist. Das ist der übliche Weg sich für die Nacht
eine Gefährtin zu engagieren und erfahre das diese Auslöse bei 300 Baht liegt
(etwa 9 €). Ich lege der Mamasan also 300 Baht auf den Tisch und zeige auf die
junge Dame, die sich immer noch den Bauch festhält. Ohne auf das Befinden ihrer
Mitarbeiterin Rücksicht zu nehmen, erteilt nun die Barbesitzerin ihrer Anna die
Anweisung mir zu folgen. Mit einem ziemlich müden und kranken Gesicht (und
vermutlich einer gewissen Angst über den Farang, der sich ausgerechnet eine
Kranke aussucht) folgt sie mir ins Hotel. Dort frage ich den Nachtpförtner nach
einem Arzt und er empfiehlt mir das „Bangkok Pattaya Hospital“, eine
amerikanische Klinik die besonders Ausländern und ihren Erkrankungen Rechnung
trägt. Ich weise ihn an ein Taxi zu bestellen und karre die junge Dame nun in
ein Krankenhaus, dessen Komfort und Preislage sie sich wohl in ihrem Leben
nicht hätte leisten können, aber ich lasse nicht sichtbar neben mir einen
Menschen krepieren. Das mag oft ein Fehler sein, aber so bin ich und so bleibe
ich auch. In Thailand besteht ein Anrecht eines jeden Staatsbürger auf medizinische
Versorgung für 50 Baht. Dieses hat der König so befohlen, jedoch die Ärzte und
Kliniken die für etwa 1,30 € eine Behandlung anbieten, sind auch entsprechend.
Da würden wir nicht einmal unsere Haustiere einschläfern lassen. Das Bangkok
Pattaya Hospital ist etwa auf dem Komfortlevel des Sheraton-Hotels und während
man auf den Patienten wartet, werden den Besuchern Sushi-Häppchen und Kaffee
angeboten. Die Patienten werden von fleißigen Helfern im Rollstuhl durch die
Gänge gefahren und der freundliche Umgangston ist in sehr gutem Englisch
gehalten. Nach etwa einer Stunde werde
zum Arzt hereingebeten (einem Inder!), der mir erklärt, das sich die junge Dame
eine böse Magenreizung zugezogen hat (welch ein Wunder bei der thailändischen
Küche), diverse Medikamente braucht und mindestens einen Tag Ruhe benötigt. Na
ja – ich habe sie ja für 24 Stunden gebucht und da kann ich ja mit ihr machen,
was ich will (oder eher was der Doktor für richtig hält). Ich werde noch sehr
höflich zur Kasse gebeten und bin erst einmal 1.444 Baht hinten. Das sind horrende 32,81 €! Donnerwetter, da
hätte ich mit mehr gerechnet (der Preis versteht sich mit Medikamenten
wohlgemerkt). Ich fahre mit der jungen Dame ins Hotel zurück und packe sie ins
Bett. Decke sie warm zu und schalte auf ihren Wunsch hin die Klimaanlage an.
Dann stelle ich ihr noch eine Flasche Mineralwasser auf die Nachtkonsole und verziehe
mich an die Hotelbar. Als ich später zurückkomme, liegt Anna in tiefem
Schlummer und schnarcht wie ein kanadischer Holzfäller. Ich aber bin so müde,
das mir das nun auch nichts mehr ausmacht,
lege mich neben sie und bin trotz der doppelten Geräuschbelastung durch
Holzsägen und Klimaanlage in Sekunden eingeschlafen.
Am späten Vormittag werde ich wach und neben mir sägt Anna
immer noch die heimischen Bäume ab. Ob es an der zurückgebildeten Form der Nase
liegt? Meine Mitreisenden haben mich schon über den verhängnisvollen Umstand
informiert, dass Thailänderinnen immer schnarchen würden, aber ich hatte das
bisher für eine ganz individuelle Problematik gehalten. Hier war auf jeden Fall
ein schwerer Schnarcher am Werk! Ich stelle mich also erst einmal unter die
Dusche und zwischenzeitlich erwacht das Sägewerk auch zum Leben. Da sie kein
Englisch kann und schon gar kein Deutsch, mache ich ihr in Zeichensprache klar,
dass ich die Stadt erkunden möchte. Wie aber verdeutlicht man jemanden ohne
Sprachkenntnisse, dass man ein Internetcafe sucht? Schwierig, schwierig. Wir
wandern also los. Die Sonne brennt von oben herab obwohl es noch nicht Mittag
ist und entlang der Strandpromenade ist bereits rühriger Verkehr von allerlei
Händlervolk unterwegs. Zahlreiche Garküchen stinken die Straße voll und hupende
Fahrzeuge machen jede Straßenüberquerung zu einem lebensgefährlichen Abenteuer.
Hier bremst man nicht für Fußgänger. Man hupt, um zu zeigen, ich bremse nicht
für dich und hält einfach drauf. Ungeachtet ob es nun ein Bus, ein Taxi oder
ein Moped ist – hier heißt es „Drive as you can“ und der Fußgänger ist das
letzte Glied in der verkehrstechnischen Nahrungskette. Wer Rücksicht erwartet, hat schon verloren.
Aber auch das schult und sei es nur die Beweglichkeit des eigenen
Bewegungsapparates.
Thailändischer Straßenverkehr - Bürgerkrieg mit Hupkonzert |
Auf der linken Straßenseite stehen Hotels neben Hotels und
mein Auge versucht immer noch irgendwo ein Schild mit dem Hinweis auf ein
Internetcafé zu erspähen. Nichts zu sehen – hier haben fast alle Menschen ein
Internetfähiges Handy und ich würde noch mit meinem alten Nokia-Knochen herumlaufen,
wenn er nicht zu Hause auf meinem Schreibtisch liegen würde (was mich in den
Augen der Einheimischen sicher zu einem Geizhals oder einem Trottel macht).
Aber ein amerikanisches Shoppingcenter taucht auf. 7 Etagen voller Konsumgüter,
die sich bestenfalls sehr wohlhabende Einheimische leisten können. Die
Beschilderung ist in Englisch, Japanisch und Russisch. Deutsche geben im Urlaub
ihr Geld wohl lieber für etwas anderes aus (!) – denn Bierbars sind auch
Deutsch beschriftet. Ich führe Anna in diesen Konsumtempel, den sie wohl noch
nie von innen gesehen hat und suche etwas, was in Thailand sehr selten ist:
Eine Buchhandlung. Und siehe da – im 5. Stock gibt es tatsächlich so
etwas! Für 350 Baht erstehe ich ein Buch
Deutsch-Thailändisch-Deutsch, einen Notizblock und einen Bleistift und kann ab
jetzt wenigstens mit der Kleinen an meiner Seite in rudimentäre Konversation eintreten. Thailändisch ist eine Sprache, die von keiner
anderen Sprache her beeinflusst worden ist (wie zum Beispiel Spanisch auf
Latein fußt). Es gibt 43 Konsonanten und 32 Vokale! Und selbst die Zeichen für
Zahlen sind nicht arabisch, so wie unsere Ziffern (so sieht die 1 aus wie eine
9!). Nach einigen Versuchen mich in die Systematik thailändischer Sprache
einzuüben, gebe ich auf. Das lerne ich nicht! Dagegen ist Türkisch oder Englisch
ein Spaziergang. Es gibt im Thailändischen Töne, die ein Europäer noch nicht
einmal aussprechen kann ohne den Einheimischen einen Lachkrampf zu
entlocken. Man ist als Bewohner der
Nordhalbkugel eben nicht so zungengewandt oder der Gaumen ist nicht so
konstruiert (dafür schnarchen wir eben seltener!). Wir setzen uns an den Strand und sehen auf
die Bucht von Pattaya hinaus. Fischerboote und Ausflugsyachten säumen den
Horizont. Ich komme langsam zur verdienten Ruhe und bemühe mich mittels Buch
etwas über Anna zu erfahren. Sie stammt aus Khon Kaen (Eine Stadt in Richtung
Kambodscha – der Ort, wo die Bauern revoltieren, weil ihnen die Regierung das
Reisgeld nicht bezahlt), ist 2o Jahre alt, geschieden und hat eine Tochter, die
bei ihrer Schwester lebt. Ihr Vater ist Bauer. Geht doch – aber ich habe
trotzdem den Eindruck ich kommuniziere hier wie ein Marsianer mit den
Erdlingen. Eine Frau tritt an uns heran. Anna redet kurz mit ihr und etwas
später bekommen wir zwei Mineralwasser (eiskalt in Flaschen mit Thermomantel)
und eine Art gerillter Hähnchenflügel mit süßsauerer Sauce. Diese Sauce wird
hier überall zu gereicht und ich habe im Verlauf meines Aufenthaltes diese
Sauce hassen gelernt. Anna ist sehr zurückhaltend – sie kann mich wohl noch
nicht richtig einschätzen und bisher dürften ihre ausländischen Begleiter sie
wohl nicht zum Arzt und zu einer Buchhandlung geführt haben. Wer übrigens im Verlauf dieses Berichtes
erotisches Material erwartet, kann hier jetzt das Lesen einstellen – da kommt
nix! Die Hähnchenflügel sind (bis auf die Sauce) sehr lecker. Grillen kann die
Dame an diesem Strandabschnitt scheinbar ganz gut, jedoch verzichte ich auf
Meeresfrüchte oder Ähnliches, denn ein Besuch im Krankenhaus pro Urlaub reicht
mir doch zur Genüge. Auf dem Rückweg vom Strand erblicke oder besser errieche
ich ein französisches Café. Der unverwechselbare Geruch frisch gebrühten
Kaffees steigt mir in die Nase und ich schicke mich an mit Anna hinein zu
gehen. Sie hält mich zurück und zeigt auf die ausgehängte Speisekarte (Tasse
Kaffee 100 Baht – für Thailand sauteuer). Egal – ich führe sie hinein und ich
kriege endlich einen Kaffee, der diesseits der verzehrfähigen Grenze liegt. Sie
ordert einen Bananenshake (Kaffee ist nicht das übliche Lieblingsgetränk
thailändischer Frauen). Neben uns ein Ehepaar aus Japan, am Tisch gegenüber
vier Damen aus Russland. Einheimische bedienen hier scheinbar nur, denn die
Preisgestaltung ist hier so gehalten, dass nur Touristen das Café frequentieren
können. Aber der Kaffee war es mir wert
und für Anna ist es auch mal etwas Anderes. Außerdem wird man in diesem Laden
nicht im 2-Minuten-Takt von Straßenhändlern angesprochen, die diverse
lebensnotwendige Dinge wie Lotterielose, gefälschte Markenuhren,
Fußball-Fan-Armbänder oder raubkopierte DVDs anbieten.
Französische Café - sehr teuer und sehr gut. |
Für den nächsten Tag habe ich einen Ausflug in das
Elephant-Village gebucht. Es ist schon ein majestätischer Anblick, wenn vor
einem so ein 3-Tonnen-Rüsseltier steht und es nicht durch ein Gitter vom
Zuschauer getrennt ist. Um sich mit dem Tier, welches einen ja nun 2 Stunden
durch die Pampas Ostasiens tragen wird, etwas anzufreunden, bekommt man eine
Bananenstaude in die Hand gedrückt und man darf das Tier füttern. Elefanten
lieben Bananen. Unser Elefant – eine 21-jährige Dame mit 3,5 t Lebendgewicht –
hat wohl besonders viel Appetit und wartet erst gar nicht ab, bis ich ihr die
Bananen anreiche, sondern greift mit ihrem Rüssel direkt in die Staude und
reißt die Hälfte der Bananen mit einem Griff ab. Man glaubt nicht, wie groß die
Kraft eines Elefantenrüssels ist. Arbeitselefanten können mit ihrem Rüssel etwa
800 kg anheben! Ich kriege eine neue
Staude, denn die Dickhäuterin macht einen leicht mürrischen Eindruck. Ich
breche die Staude einfach auseinander und reiche ihr die Teile zum Schnellverzehr
einfach in Richtung Rüssel. Mit der Kraft eines mechanischen Greifarmes reißt
mir der Rüssel die Teile aus den Händen. Als ich nun um den Elefanten herum zu dem
Gestell gehen will, welches den Aufstieg auf dessen Rücken ermöglicht, bekomme
ich plötzlich eine schallende Ohrfeige. Der Elefant hat mal eben kurz sein Ohr
ausgeschwenkt und mir mit voller Wucht vor die Visage geklappt. Ein
Elefantenohr ist etwa Daumendick und hat die Größe einer Schreibtischplatte.
BOING! – und ich saß auf dem Hintern. Die Umstehenden (besonders die Japaner!)
haben hinreichend Aufnahmen von der Situation gemacht, so dass es nur eine
Frage der Zeit ist, den Beweis für die Situation über YouTube zu erhalten. Ich
sehe erst einmal Sterne und meine grundsätzliche Sympathie für Elefanten hält
sich nun in Grenzen.
Elefanten - sehr groß, borstig und gar nicht so nett, wie man glaubt. |
Bedingt durch die vier Knie, die ein Elefant hat, schwankt
der Aufbau gemütlich zum Marschtakt im Kreis und ich hoffe sehr, dass sich
Annas Magenproblem nicht in einer unkontrollierten Wildfütterung äußert. Auch scheint der Elefant sich an mich gewöhnt
zu haben, denn während des Durchgangs durch einen Teich vermeidet es das
mürrische Rüsseltier uns mit Wasser zu bespritzen. Übrigens sind Elefanten
ziemlich behaart (im Gegensatz zu so manchem ihrer Passagiere) und haben eine
recht dichte Borstenbehaarung. Nach dem
Elefantenritt geht es nun zu Fuß weiter. Einen Trampelpfad entlang erklärt der
Wildhüter in recht gutem Englisch die Gegebenheiten des thailändischen
Dschungels. Sollte man sich mal verlaufen (was bei den meisten Bumstouristen
allerdings nicht im Dschungel sondern in der Walkingstreet passieren dürfte und
dann auch bestenfalls mit einem zweibeinigen Rüsseltier – hier Katoey genannt)
so solle man bis zu denen, vom König angeordnet
und von jedem Landbesitzer zu errichteten Bambushütten gehen. Diese sind
maximal eine Tagesreise (zu Fuß oder per Elefant!) vom nächsten Dorf entfernt
und müssen regelmäßig begangen werden. Bei der thailändischen Tradition die
Anweisungen der Obrigkeit zu ignorieren, glaube ich allerdings, dass es sogar
noch Hütten geben dürfte, in denen versprengte japanische Soldaten aus dem
zweiten Weltkrieg unentdeckt den Sieg ihres Tennos abwarten. Trampelpfade im
Dschungel sind außerdem keine von Menschen angelegte Wegstrecke, sondern in der
Regel von freilebenden Elefanten errichtet worden, die bei ihren Rundgängen die
Umgebung auf etwa 20m Breite alles abfressen. Danach steht noch eine Bootsfahrt
an. Thailand ist das Land der Wasserstraßen gewesen und der Engländer Neale,
ein früher Tourist aus den 1880er Jahren bemängelte noch das mangelhafte
Straßennetz, lobte jedoch das Vorhandensein von natürlichen Kanälen. Damals
(wie zum Teil auch heute) bevorzugen manche Thais das Leben auf Booten, da in
fließenden Gewässern keine Moskitos nisten und die Fäkalien bzw. der Hausmüll
ganz ohne Arbeit einfach außenbords entsorgt werden können. Die Verschmutzung
innerstädtischer Gewässer ist in Thailand ein stets auftretenden Problem und
die heute benutzten Kanäle gleichen in dem Grad der Verschmutzung eher einer
Kloake, denn eines romantischen Flusses und trotzdem verwenden die Anwohner die
Kanäle als Badezimmer, Toilette und als Angelrevier. Den Abschluss des Ausflugs bildet eine Fahrt
in einem Ochsenkarren, ein Gefährt, welches auch heute noch in Thailand in
ländlichen Gebieten häufig Verwendung findet. Schnell ist so ein Karren nicht
und die beiden dürren Ochsen machen typisch thailändisch auch nicht den
Eindruck sich sonderlich anstrengen zu wollen. Wenigstens schlagen sie nicht
mit den Ohren nach mir!
Ansonsten benutzt man in Thailand für den Transport ja
sogenannte Baht-Taxen. Das sind in der Regel Pick-Ups der Marke Isuzu auf denen
hinten rechts und links zwei Sitzbänke angebracht sind und die auf der Straße
einfach durch Handzeichen angehalten werden. Es ist schon ein Abenteuer durch
den chaotischen Verkehr auf einer offenen Ladefläche zu rasen, umgeben von
hupenden Fahrzeugen, vorbeischeuchenden Mopeds und rücksichtslosen Lastwagen.
Die Fahrer dieser Baht-Taxen müssen einen Hang zum Fatalismus haben oder
mindestens einen Jagdflieger im Stammbaum nachweisen können. Anders ist mit
deren Fahrweise nicht erklärbar. Es werden weder die recht laschen
Verkehrsregeln beachtet noch in irgendeiner Form Rücksichten genommen. Gebremst
wird nur wenn ein Kunde ein- oder aussteigen will. Fußgänger, Zweifahrer und
freilaufende Hunde werden bestenfalls als mobiles Verkehrshindernis
wahrgenommen und angehupt (das heißt so viel wie:“Ich bremse nicht –
verschwinde“). Bei den Straßenbauverhältnissen in Pattaya mit Schlaglöchern und
Querrillen ist ein Festhalten unbedingt notwendig, sonst rutscht und hüpft man
auf der Ladefläche hin und her und landet womöglich noch auf dem Schoß eines
Mitreisenden, was nur teilweise von Interesse sein kann. Dafür ist die Preisgestaltung äußerst moderat.
Wir haben selten mehr als 1 € pro Person bezahlt (und die Fahrten gingen
teilweise vom einen Stadtende zum Anderen). Nachts allerdings versuchen die
Fahrer für individuelle Strecken teilweise überhöhte Preise zu fordern, was man
aber mit etwas Beharrlichkeit und Verhandlungsgeschick umgehen kann. Die Fahrt
selber ist immer wieder ein Erlebnis und führt mich und meine Mitreisenden
regelmäßig in ein stilles Gebet (auch so kann man also Gott ein wenig näher
kommen), aber der Fahrtwind kühlt europäische Körper angenehm (Thailänder
frieren!) und man bekommt einen hautnahen Einblick in den ostasiatischen
Straßenverkehr. Den Ausstiegspunkt teilt man dem Fahrer mittels einer Klingel
mit, die am Dach des Aufbaus befestigt ist. Ich habe mir unseren Ausstiegspunkt
gut gemerkt, weil dort ein überlebensgroßes Bild des amtierenden Königs steht.
Egal wo - der König ist überall zugegen. |
Der nächste Tagesausflug führt mich und Anna in die Gärten
von Nong Noch. Diese Anlage (ursprünglich ein königlicher Garten – heute ein
privater Freizeitpark) hat eine Fläche von 240 Hektar. Hier sind quasi alle
Arten von Gärten (auch europäische!) nachgebildet worden und werden mit viel
Liebe gepflegt. Außerdem gibt es eine Tanzvorführung klassischer thailändischer
Tänze. Wir schlendern bei leichtem Regen durch einen Garten, der ausschließlich
aus Bonsai-Bäumen besteht. Es ist bemerkenswert, wie sehr die Thais, bei denen
Arbeitsfleiß und Disziplin nicht zu den Kardinaltugenden gehört, sich hier Mühe
gegeben haben. Wenn die Thais auch nicht gerade die Helden der Arbeit sind, so
hat doch die jahrhundertelange Tradition des gepflegten Müßiggangs ihnen ein
fast natürliches Verhältnis zu Ästhetik gegeben. Kunstwerke, Gärten und
Tempelanlagen sind von einer atemberaubenden Schönheit und von filigraner
Kunstfertigkeit geprägt. Dieses steht leider in krasser Opposition zu den an
diesen Orten installierten Sanitäranlagen, die zum überwiegenden Teil in
erbärmlichen Zustand sind. Aus gegebenem Anlass lasse ich die Möglichkeit auf
einem Elefanten zu reiten, ungenutzt an mir vorüberziehen. Der leichte Regen,
der an diesem Tag einsetzt, lässt mich aber eine interessante Beobachtung
machen. Obwohl Thailand zu den regenreichsten Ländern der Erde zählt und 3
Monate im Jahr eine schwere Regenzeit über das Land hereinbricht, so lässt
schon ein leichter Nieselregen die Einheimischen zu Schirmen, Schutzanzügen und
dicken Jacken greifen – und das Lächeln aus ihren Gesichtern schwinden. Sofort
füllen sich die Unterstände und auch meine Begleiterin macht ein Gesicht, als
würde ein Wolkenbruch über sie hereinbrechen. Wir setzen uns also in eine
Cafeteria und genießen den durchaus trinkbaren Kaffee (sie bleibt bei
Mineralwasser). Wenig später kneift uns ein Hungerproblem und ich lasse mich
von ihr zur Kantine führen (ein Selbstbedienungsrestaurant für Einheimische).
Dort muss man eine Art Kreditkarte kaufen (75 Baht) und kann dann an einem Tresen
Essen und Getränke bestellen. Leider habe ich immer noch kein Thai gelernt und
so macht die Bestellung ein wenig Probleme – zumal ich der einzige Ausländer in
dieser Kantine bin. Ich bemühe mich nach Kräften ein Huhn nachzumachen, was zur
Folge hat, das sich die Thais mal trotz Regen heute richtig vor Lachen
ausschütten können, aber ich wenigsten ein Gericht erhalte, was für mich
halbwegs verzehrfähig ist (obwohl es so scharf war, das ich beim Essen mit
Schrecken an die Verdauung denken musste). Anna lacht sich auch halb krank und
ich frage mich, was diese Menschen eigentlich wirklich von uns denken.
Und Buddha ist natürlich auch immer in Sichtweite |
Als ich am nächsten Morgen aufwache, liegt ein leichter
Nebel über der Hotelanlage. In der Nacht hatte es geregnet und die Frösche der
gesamten Region erwiesen mir die Ehre eines besonders schönen Konzertes. „Roab
– Roab – Roab“ ging es die ganze Nacht nur unterbrochen von dem sonoren
Schnarchen meiner temporären Mitbewohnerin. Japan ist das Land der aufgehenden
Sonne, Korea das Land der Morgenstille und Thailand das Land der nächtlichen
Ruhestörung. Ich brauche zwei Kännchen Kaffee um halbwegs klar zu kommen,
obwohl ich weder Alkohol zu mir genommen habe noch sonderliche nächtliche
Aktivitäten entwickelt hatte. Aber bereits auf dem Weg zur Poolbar war mein frisches
T-Shirt ein Fall für die Reinigung. Langsam entwickele ich so etwas wie
Heimweh. Kein Mensch versteht hier einen, der Kaffee schmeckt nicht und an
Schlaf ist nur zu denken, wenn man ausgiebigen Matratzensport betreibt und/oder
sich kräftig einen auf die Lampe gießt – und beides war eigentlich nicht meine
Intention. Eine aktuelle Zeitung gibt es nicht, ein Internetcafé habe ich noch
nicht gefunden (obwohl man mir den Weg mehrfach erklärt hatte) und Zigarren
kann man hier nicht kaufen. Die einheimische Küche ist ein Anschlag auf meine
Hygieneerziehung und die Kommunikationsmöglichkeiten mit meiner Begleitung
liegen bei fast Null. Ich will nach Hause. Kann mich kein Bekannter, der Bahn
arbeitet mit dem Zug abholen? Warum läuft nicht mal ein deutsches Schiff in den
Hafen? Ich entwickele Fluchtphantasien – mich hat der Kulturschock gepackt. Ich
setze mich an den Pool und lasse in der Stille des Morgens wenigsten meinen
Gedanken freien Lauf und zähle meine Mückenstiche. Die einheimischen Insekten
scheinen mich ganz besonders zu lieben – sie perforieren mich so langsam und
auch das großzügig aufgetragene Abschreckungsmittel scheint in seiner
Geschmacksrichtung nur die europäische Mücke zu vertreiben.
Heute ist als Ausflugsziel die Tigerfarm angesagt und ich bewundere
so langsam Annas Ausdauer mich zu den einzelnen Zielen zu begleiten, obwohl es
wohl nicht ihre Interessenlage trifft. Ich möchte mir nicht vorstellen, wie
eine junge Dame Anfang zwanzig bei uns reagieren würde, wollte man sie täglich
zu Folkloredarbietungen und Heimatausflügen bugsieren. Ich will gerade die
Augen schließen, als ein vernehmliches „Roab – Roab – Roab“ an mein Ohr dringt
und ein Vertreter der heimischen Froschfamilie längs des Weges hüpft. In diesem
Moment verstehe ich erstmals unsere westlichen Nachbarn, die als Ausgleich für
das Gequake wenigsten die Schenkel der Übeltäter zu Delikatessen verarbeiten.
Anna schnarcht noch selig als ich zum Bungalow zurückkehre und ich beschließe
meine frühen Wege alleine zu begehen. Zunächst zur Wechselstube (der Kurs liegt
heute bei 4.480 Baht pro 100 €), dann zu einem funktionsfähigen Internetcafé (Gefunden!-
von einem Inder betrieben und somit pünktlich um 9 Uhr offen) und dann zum
Supermarkt (von einem Chinesen betrieben und auf deutsche Kunden ausgerichtet).
Hier bekomme ich sogar meine Zigarren, wenn auch etwa 3mal so teuer wie zu
Hause. Aber ohne Zigarre läuft bei mir schon mal nix. Ich beginne mich auch
seelisch in Thailand einzurichten und erwerbe einen Stadtplan, nach dessen
Studium ich besser über die Straßen informiert bin als meine Mitreisenden,
obwohl diese schon seit Jahren nach Thailand fliegen. Als uns der Kleinbus zur
Tigerfarm bringt, stelle ich fest, dass ich wohl der einzige Deutsche an Bord
bin. Alle anderen Mitreisenden sind Japaner. Die Natur ist für deutsche
Touristen in Pattaya wohl nur interessant, wenn die Raubkatzen zwei Beine haben
(grins!). Es werden uns in einer Manege einige dressierte Tiger und Leoparden
gezeigt (man hat ihnen Kunststückchen beigebracht), aber es ist mehr ein
Zirkus, statt einer Freigehege-Anlage und so bin ich etwas enttäuscht. Aber man
kann mit den Tigern auf Tuchfühlung gehen und sich neben so einer XXL-Mieze
fotographieren lassen (200 Baht für 3 Fotos – selber fotografieren verboten!).
Ich lasse mir diese Chance auf ein Foto mit Tiger nicht entgehen und setze mich
auf Anweisung des Fotographen direkt neben den Tiger. Während ich mein
schönstes Kukident-Lächeln aufsetzen will, spüre ich plötzlich die Pranke des
Tigers auf meiner linken Schulter, blicke nach rechts in den aufgerissenen Rachen
des Tiers und bekomme einen Tritt ins Kreuz. Drei Tierpfleger ziehen den Tiger
zurück und einer von ihnen hatte mir im letzten Moment einen Tritt gegeben,
damit mich der Tiger nicht beißen konnte. Ich hatte die Situation gar nicht als
bedrohlich erkannt (nur der Mundgeruch des Tigers war erbärmlich). Ein Helfer
kommt und hilft mir beim Aufstehen. Wortreich entschuldigt er sich in gebrochenem
Englisch, aber als er sieht, dass ich nicht böse dreinschaue, entspannt sich
die Lage sehr schnell. Nur leider konnten an diesem Tage keine Aufnahmen mehr
gemacht werden, weil „Tiger angry“ – und ich wollte offen gesagt dem Tier am
nächsten Tag auch keine weitere Chance einräumen, den Endpunkt in meiner
Biographie setzen zu können.
Ein besonderes Highlight jeder Entspannungsphase stellt für
mich die Nahrungsaufnahme dar. Essen ist nicht nur das Zuführen von Kalorien,
sondern manifestiert für mich auch einen entscheidenden Punkt in der
Zivilisation. Hier kommt Genuss und Kultur zusammen, hier entspannt sich bei
gutem Essen die Seele und hier kann man sehr viel über andere Kulturen lernen.
In Pattaya braucht niemand zu hungern (zumindest kein Tourist) – das ist der
positive Aspekt. An jeder Ecke und auf jeder Straße befinden sich sogenannte
Garküchen. Das sind kleine Mopeds mit Beiwagen die einen Küchenaufbau mit
Holzkohleofen tragen. Wenn man schon nicht visuell ihrer habhaft werden kann,
so verkündet schon der beißende Geruch des Holzofens aus einiger Entfernung das
Vorhandensein einer Garküche. Hier speist der Passant für ein paar Baht und das
Essen wird frisch zubereitet. Frisch? Bei einer Lufttemperatur von 33 Grad und
gefühlten 90 % Luftfeuchtigkeit kann man sich ausrechnen, wie frisch eine
Speise sein kann, deren Bestandteile ungekühlt gelagert, ungeschützt
präsentiert und zum Teil stundenlang der heimischen Insektenwelt ausgesetzt
sind. Die offen auf dem Aufbau liegenden Fleischspieße, Krabbenspieße oder
Meeresfrüchte haben zum Teil leicht graue, zum Teil leicht grünlich-silberne
Farbschattierungen und verbreiten einen Geruch wie eine Kloake. Selbst der
übelste Gammelfleischverarbeiter Deutschlands würde unter diesen Umständen den
Betrieb freiwillig einstellen. Die Küche Thailand ist von der nationalen
Mentalität geprägt. Wozu sich anstrengen? Fische sind im Fluss, Früchte wachsen
auf den Bäumen und der Reis wächst auf den Feldern vor sich hin. Analog dazu
die Küche! Es gibt eigentlich nur drei Geschmacksrichtungen:
Zweifelhafte Zubereitung - Zweifelhafte Zutaten |
- Süß – alle süßen Früchte
- Sauer – alle sauren Früchte
- Scharf- alles was man mit Gewürzen zudecken kann.
Jedes Gericht basiert auf einer dieser drei Richtungen (oder
aus einer Mischung derselben). Es wird weder paniert, noch geräuchert, noch gebeizt,
noch eingelegt oder mariniert. Es gibt keine gebundenen Suppen, keine
Saucenbeigabe, keine Salate. Alles wird in einem Topf lieblos zusammengemengt,
zerkleinert und dann erhitzt. Zur Geschmackszugabe stehen auf den Tresen der
Garküchen und einheimischen Restaurants kleine Schalen mit Zucker und scharfen
Gewürzen. Hauptsache man kann es anschließen mit Stäbchen oder einem Löffel in
sich hinein schaufeln. Die künstlerische Hingabe, die zum Beispiel Japaner
ihrem Essen geben, fehlt hier völlig. Selbst in guten Restaurants werden
einheimische Gerichte zu einem nur in Nuancen unterscheidbaren Reishaufen. Ich
stehe abends in der Walking Street und beobachte meine Mitreisenden bei der
Einnahme dieses Garküchenessens und habe wirklich Mühe, meinen Brechreiz zu
unterdrücken. Ungeachtet des vielleicht doch akzeptablen Geschmacks, wage ich
angesichts der absolut fehlenden Hygiene nicht, mir solch ein Gericht
zuzuführen. Da hilft auch nicht das Vertrauen auf den Schutz Gottes, hier halte
ich Askese für den einzigen Weg zu überleben. Mir fallen auf Anhieb wieder die
Namen von Schadbakterien ein, die ich zuletzt in meine Lehrzeit gehört habe und
halte demütig Abstand von den Essenden, weil allein der olfaktorische Faktor
eine schlagartige Entladung meines Mageninhaltes zur Folge haben könnte. Man
mag mich einen Banausen nennen oder einen Ignoranten, aber ich habe in Thailand
die Vorzüge der amerikanischen Fastfood-Industrie kennengelernt. Allein der
Gedanke, dass hier in jedem Laden (ob nun Subway, McDonalds oder KFC)
standardisierte Hygienevorschriften auch den faulsten Thai zum Reinigen einer
Arbeitsplatte zwingen, trieb mich regelmäßig in Filialen dieser
Unternehmen. Befriedigt muss ich aber
abschließend kundtun, dass ich auch der einzige Tourist war, der nicht nach
drei oder vier Tagen mit Magenproblemen die Sanitärkeramik frequentierte. Unser
Verdauungstrakt ist eben – im Gegensatz zu den Thais – nicht an die Belastung
mit ostasiatischen Keimen gewöhnt. Der Thai frisst eben alles was 4 oder mehr
Beine hat (mit Ausnahme der Tische und Stühle).
Die deutschen oder besser die europäischen Restaurants sind
da durchweg zu loben. Nicht nur das die Menüauswahl eher unseren Gaumen
entspricht, auch die Sauberkeit hat zumindest ein Maß erreicht, das man nicht
zum klinischen Fall wird. Ein besonderes Restaurant haben wir nach einigen
Tagen durch Mundpropaganda kennengelernt. „NONGs Restaurant“ ist selbst nach
deutschen Maßstäben ein höchst sauberes, nettes und absolut empfehlenswertes
Haus. Etwas abseits gelegen (man muss etwa 2 km mit dem Taxi fahren) ist es in
einem Seitenweg gelegen zwar schwer zu finden und mit etwa 25 Sitzplätzen auch
nicht sehr groß – aber lecker! Hier gibt es echte Kalbsschnitzel, leckeres
Kartoffelpüree und sogar einen Obstler zum Nachtisch (und das zu sehr zivilen
Preisen). Die Betreiberin - Nong - ist mit einem Österreicher verheiratet und
erschien mir mit ihren Kochkünsten als eine wirkliche Traumfrau Asiens. In
einer Phase des Kulturschocks war mir ihr Jägerschnitzel ein Leuchtfeuer Europa
am Arsch der Erde und meine letztlich doch gute Meinung über Pattaya verdankt
dieser Ort zu einem nicht unerheblichen Teil dieser kleinen Küchenfee und ihrem
sehr sympathischen Ehemann.
Ein echtes Kalbsschnitzel am Golf von Siam! |
Anschließend wandern wir wieder über die Walking Street.
Diese Straße ist ja etwa mit der Reeperbahn vergleichbar, obwohl hier das
Ambiente und das Auftreten der Bevölkerung deutlich direkter auf Sextouristen
ausgerichtet sind. Ich schlendere nun schon fast wie ein Kenner der Szene herum
und lasse meine Augen mit mehr Gelassenheit und Ruhe die Eindrücke auf mich
wirken. Rechts und links der Straße (eigentlich eine Fußgängerzone – aber da
hält sich keiner dran und Autos wie Moped fahren ohne Rücksicht durch) wechseln
sich die Bars, Kneipen, Discos und kleine Läden ab, die neben einem eindeutigen
Amüsierangebot auch Fastfood, Zigaretten und Tätowierungen anbieten.
Aufdringliches Barpersonal lockt mit scheinbar günstigen Bierpreisen und
zahlreiche Damen des Gunstgewerbes bieten unverhohlen ihre Dienste an. Wir
wandern die Straße entlang, lächeln landestypisch die Werber und Werberinnen an
(um leicht mit dem Kopf zu schütteln und so die Angebote eindeutig aber höflich
abzulehnen) und betreten schließlich das „Insomnia“ – eine Diskothek oder
besser ein Nachtclub, der hier zu den teuersten gehört. Der Laden ist dunkel
und mir eigentlich zu laut und zu stickig, aber meine Begleiter führen mich in
den hinteren Teil des Clubs, der auf einem offenen Pier in die Bucht von
Pattaya gebaut ist. Die Damen amüsieren sich, die Herren amüsieren sich, weil
die Damen sich amüsieren und wir bestellen, als der Kellner kommt eine Flasche „SsangSong“
(ein einheimischer rum-ähnlicher Branntwein) mit 5 Flaschen Cola, zwei Eimern
Eis und einer Schale Limetten für 1000 Baht. Eine vergleichbare Bestellung in
Deutschland wäre locker 7 mal so teuer und ich genieße, wenn auch die Musik
nicht unbedingt die meine ist, den Blick über die abendliche Bucht und gönne
mir tatsächlich einen Colamix mit Alkohol. Hier stehe ich nun 11500 km von zu
Hause weg und sehe in den Golf von Siam. Eine leichte Brise geht über meine
Glatze und ich bemerke ein Gefühl des Entspanntseins. Trotz der Lautstärke tritt Ruhe in mich ein
und das Alles hier – Ausblick, Branntwein, Ruhe – das habe ich der Welt
abgetrotzt, das kann ich mir leisten, das genieße ich jetzt. Und dennoch
gleiten meine Gedanken in die Vergangenheit der letzten zwei Jahre. Ich habe
viel erlebt und viel durchlitten, aber irgendwie hat sich doch immer einen
schützende Hand über mich gewölbt. Ich kann eigentlich zufrieden sein und bin
es auch. So spreche ich mit Blick auf die Bucht ein kleines Gebet und danke
Gott für seine Gnade. Es mag manchen sonderbar vorkommen, dieses gerade hier zu
tun, aber es gibt keinen Zentimeter im Universum, in dem Gott nicht ist und
wieso sollte ich dann auf der Walking Street in Pattaya nicht beten? Schaden
kann es nicht, in der sündigsten und verderbtesten Straße Asiens Gottes zu
gedenken, auch wenn der Geist des Evangeliums hier nicht gerade besonders
berücksichtigt wird.
Es ist immer die rechte Zeit für ein Gebet! |
Überhaupt habe ich hier eine besondere Beziehung zu Gott
aufgebaut. Dazu gab es einige konkrete Anlässe: Wir sitzen in einem vollen
Restaurant und ich habe fürchterlichen Hunger. Ich bete demonstrativ und bekomme
zwei Minuten später als Erster mein Essen. Wir sitzen in einer Bar und es
beginnt zu regnen. Der Weg zur Toilette führt etwa 40 Meter auf die andere
Straßenseite hinüber und Gäste, die dort hin wollen, bekommen von der Mamasan
einen Schirm geborgt. Ich lehne mit der Begründung ab, wenn Gott mich
durchnässt haben wollte, so würde mir ein Schirm nicht helfen. Als ich wenig
später tatsächlich zur Toilette gehe, unterbricht der Regen genau den Zeitraum,
die ich für den Hin- und Rückweg brauche.
Wir haben beim Besuch in Nong`s Restaurant nicht beachtet, dass die
Baht-Taxen in diesem Stadtteil nur bis 23 Uhr fahren. Es ist schon eine halbe
Stunde drüber und in dieser Gegend sind eigentlich keine Touristen. Taxen
fahren hier also nicht mehr. Martin meinte, dass wir etwa 2 Kilometer zu Fuß
gehen müssten, wenn ich ein Wunder geschehe. Ich schicke ein kurzes Gebet
Richtung Himmel und keine 30 Sekunden später hält ein Taxi neben uns! Ich habe
in den Augen meiner Mitreisenden gesehen, dass die Bereitschaft sich für die
katholische Kirche zu begeistern, dadurch sehr gesteigert worden ist (Ein
Kollege wollte austreten – das lässt er nun). Man kann also durch kleine Gesten
auch am Ende der Welt etwas für die Kirche tun.
Am nächsten Tag geht es zur Krokodilfarm. Der Kleinbus ist
wieder angefüllt mit kleinen Japaner und einem raumfüllenden Österreicher mit
dem ich mich über die Vorzüge der österreichischen Küche austausche. Jetzt
müsste Pater Florian aus Bochum-Stiepel dabei sein. Das ist dort der Herr der
Herde (also der Küchenmeister) und Kochen ist sein Talent und seine
Leidenschaft. Ich erhalte eine echte Nachhilfestunde in der Zubereitung von
Apfelstrudel und ich bekomme langsam Hunger. Die heimatliche Küche fehlt hier
einem doch (trotz zahlreicher Möglichkeiten fast europäischer
Verköstigung). Die Krokodilfarm ist
eigentlich eine Art Zoo und wir schauen uns hier fast die gleichen Tiere an,
wie in Gelsenkirchen oder Duisburg. Allerdings kann man hier die Tiere füttern
und meist hautnah erleben. Am Krokodilgehege (mit einer etwas 50cm hohen Mauer
versehen – Krokodile können nicht klettern!)) bekomme ich eine Bambusstange mit
einer Paketkordel in die Hand gedrückt. Am Ende dieser Kordel baumelt ein Huhn
(garantiert tot – es riecht schon etwas übel und ist gerupft). Ich halte nun
die Stange so, das genau vor dem Maul eines Krokodils dieser Leckerbissen hin
und her schaukelt. Das Krokodil braucht nicht lange und beißt zu. Nun packt
mich ja in solchen Momenten der Schalk im Nacken und ich wollte dem Echsentier
es ja auch nicht so einfach machen. Ich ziehe also wie ein Angler meine
Bambusstange nach oben und angele quasi das Krokodil, welches sich mit wütenden
Bewegungen aus der ungewohnten Lage zu befreien
sucht. Dabei verkürzt sich natürlich der Abstand zwischen mir und der Amphibie,
die nun auf den Hinterbeinen steht und versucht das Huhn abzureißen. Auf einmal
reißt das Band und das Krokodil kommt etwa 20 cm von mir entfernt auf der
Umfriedung zur Landung. Sofort springt ein Aufseher herbei und schubst das
Krokodil zurück in sein Becken. Die Umstehenden waren schon an die Seite
gesprungen, nur ich stand dort und hatte die Gefahr in der Situation gar nicht
erfasst. Wer konnte denn auch ahnen, dass dieses Krokodil in meine Richtung
wollte – so lecker sehe ich nun wirklich nicht aus.
Schnappi - ohne Respekt vor dem Touristen |
Den Abend verbrachten wir erneut auf der Walking Street –
was soll man in einem Touristen-Badeort auch anderes ansehen, als die
Amüsiermeile. Und außerdem ist dieser Bezirk so außergewöhnlich, dass man auch
beim 20. Durchlauf Dinge entdeckt, die man zuvor übersehen hatte. Am heutigen
Abend ist es außergewöhnlich drückend. Es liegt Regen in der Luft und die Wärme
macht einem Europäer dann doch etwas zu schaffen. Als wir die Straße entlang
flanieren, werden wir auf der linken Seite auf einen, selbst für Pattaya
außergewöhnlichen, Schankbetrieb aufmerksam – die „Ice-Bar“. Eine Gaststätte,
die neben dem normalen Verkauf von Getränken dadurch auffällt, dass ihre
Raumtemperatur auf -15 Grad Celsius herunter gekühlt ist. Das kann ich so nicht
unbeachtet lassen – da muss ich einfach hinein. Die Damen bekommen am Eingang
eine Winterjacke mit Kapuze; wir Männer lehnen welterfahren und sturmerprobt
jegliche Schutzkleidung kategorisch ab. Soweit kommt das noch, dass einem alten
Fahrensmann ein kleiner Temperatursturz von 50 Grad etwas ausmachen könnte. Wir
bestellen (in Anbetracht heimischer Temperaturen) einen Jägermeister. Vor der
großen Panoramascheibe zur Straße hin bleiben die ersten Passanten stehen, die
die Männer im T-Shirt im Eiskeller sehen wollen. Ein Mitarbeiter im
Eisbärkostüm wundert sich über unsere Kälteresistenz. Ich schüttele den Kopf –
das ist doch nicht kalt! So ziehe ich denn mein Hemd aus und meine Begleiter
Sebastian und Martin tun das Gleiche. Ein umstehender Behälter mit Eiswürfeln
wird dazu benutzt, sich gegenseitig mit Eiswürfeln zu traktieren. Der
Eisbärmann fällt bald in Ohnmacht und vor dem Fenster zücken die ersten
Passanten ihre Fotohandys und machen Aufnahmen. Unsere weibliche Begleitung
friert schon bei unserem Anblick.
Anny und Bee - heiß geliebt und kalt gelagert |
Aha – da können wir selbst hier noch mit
etwas punkten, was die noch nicht kennen. Mein Selbstbewusstsein steigt und
mein Mut gipfelt in einer bauchseitigen Auflage auf dem massiven Eistresen
(Kalt ist mir aber wirklich nicht!). Ein
ebenfalls in der Bar gastierendes Pärchen aus Singapur fragt, wie wir das nur
überleben können und vor dem Fenster werden munter Aufnahmen gemacht (wann sind
wir wohl auf YouTube zu sehen?).
Als Ich die Eiskammer wieder verlasse und auf die Straße
gehe, beschlägt meine Brille sofort und ich taste wie ein Blinder durch die
Gegend. Das war erfrischend bei den tropischen Temperaturen, aber draußen
schlägt einen die Hitze wieder in ihren Bann. Zur Abkühlung wandert unser
Grüppchen in eine Bar mit Live-Musik. Rock ist zwar nicht meine Welt, aber ich
kann hier ja wohl kaum erwarten, dass Max Raabe gespielt wird. Immer noch
besser als thailändische Volksmusik, die sich anhört, als würde man eine Katze
quälen. Auch hier sind die Preis zivil
und ich ringe mich dazu durch einen Whisky-Cola zu trinken. Hier wird zu jedem
Getränk eine Unmenge Eis gereicht und man kann dieses unbeschadet in sein
Getränk schütten, da das Eis ausschließlich aus Mineralwasser gemacht wird. Da
ist es gefährlicher Eis aus so manchem deutschen Kühlschrank zu entnehmen,
dessen Unsauberkeit die Schadbakterien so kultiviert hat, dass sie schon bald
Schriftsprache entwickeln. Überhaupt hat der Thai ja im Grunde eine Affinität
zur Sauberkeit. Liegt auch auf den Straßen Unrat herum, jagen Ratten und Kakerlaken
durch die Landschaft und ist die Straßenreinigung eher ein Fremdwort, so hält
der Thai selber sehr auf Sauberkeit. Mehrmals täglich wird die Dusche benutzt
und täglich die Kleidung gewechselt. Es ist nicht so sehr der hygienische
Hintergrund als die Liebe der Thais zur Ästhetik. Alles was Spaß macht (sanuk!)
ist gut, alles was gegen dieses Wohlbefinden steht ist schlecht. So ist auch
die demonstrative Freundlichkeit der Thais ein Ausdruck dieses Hanges zur
Ästhetik, da Streit ja keinen Spaß macht. Es wird gegrinst – sei es aus
Verlegenheit oder aus Hilflosigkeit. Die inneren Anspannungen die sich
zwangsläufig aus diesem nach außengetragenen Harmonieverhalten ergeben, werden
dadurch kompensiert, dass sich der Thai sehr gerne Gewalt im Fernsehen ansieht.
Schon ab morgens laufen überall Fernseher, die das farbenfrohe Abschlachten der
Gegner in allerlei seichten Unterhaltungsformaten dem geneigten Zuschauer vor
die Schlitzaugen führt. Sei es nun als historisches Fernsehspiel oder als
moderner Krimi – es muss Blut fließen und es müssen Köpfe rollen. Das der Thai
vielleicht gerade deshalb besonders umgänglich ist, wogegen hier die
Teletubbies und Peter Lustig eher unsere Jugend zum Zusammentreten von Rentnern
in der U-Bahn animiert zu haben scheinen, wäre ein Aspekt, den man mal genauer
beleuchten sollte.
Es ist mein letzter Abend und ich verabschiede mich so
langsam von den Damen unserer Stammbar. Tränen werden vergossen und zwei der
Mädchen gestehen mir ihre unerschütterliche Zuneigung inkl. eines Heiratsantrages.
Es dürfte wohl mehr der Verlust eines guten Gastes, denn echter Gefühle sein,
aber ich lasse es mal einfach so auf mich wirken. So nett und freundlich die
Damen auch waren, es ist immer nur der schöne Schein des Augenblicks und die
Empfehlung einer wohlmeinende Arbeitskollegin, mir eine Thai mit nach
Deutschland zu nehmen, scheitert schon an den mangelnden Sprachkenntnissen und
der komplett anders gelagerten Kultur. Damit wäre wirklich niemandem gedient.
Die Taxifahrt zum Flughafen nutze ich zum Fachsimpeln mit
einem thailändischen Kollegen und ich kann erkennen, dass die Probleme des
Taxigewerbes in Thailand nicht so unterschiedlich zu denen in Deutschland sind.
Am Armaturenbrett prangt eine Medaille des heiligen Christophorus und ich frage den Fahrer, warum er als
Buddhist einen katholischen Heiligen durch die Gegend fährt. Seine Antwort ist
typisch thailändisch: Es könne ja nichts schaden und die Plakette sehe gut aus.
Am Flughafen stelle ich fest, dass die Androhung der Reisbauern aus Khon Kaen
den Flughafen zu besetzen rechtzeitig von der Armee verhindert worden ist. Da
hat doch jemand wieder einmal schützend seine Hand über mich gehalten. Trotzdem
muss ich hier noch etwa 2 Stunden warten und ich setzte mich – hungrig und
durstig – in eines der Schnellrestaurants. Hier ist es blitzsauber und ich
beginne schon jetzt irgendwie die sonstigen Verhältnisse zu vermissen, was auch
an den exorbitanten Preisen am Flughafen liegen kann. Einchecken und der Flug
nach Abu Dhabi verlaufen problemlos. Unter mir sehe ich durch das
Flugzeugfenster mir unbekannte Städte in Indien. Ab die Bewohner wohl nach oben
sehen und das Flugzeug am Nachthimmel erkennen können. Das Display in der
Rückseite des Vordersitzes zeigt mir wo wir sind. Städtenamen die ich – trotz
guter Noten in Erdkunde – nie gehört habe. Aber unter mir leuchten dies
Ortschaften wie kleine Leuchtfeuer aus einer anderen Welt. In Abu Dhabi suche
ich verzweifelt den Raucherraum und finde nach einiger Zeit einen etwa 30qm
großen Raum mit etwa 40 rauchenden Personen vor. Ich müsste mir gar keine
Anstecken – nur tief durchatmen. Irgendwie vergeht die Zeit hier nicht, was
damit zu tun haben könnte, das wir nicht gegen sondern mit der Sonne fliegen.
Ich schlendere durch die Auslagen der Duty-free-Shops und erkenne deutlich das
wirtschaftliche Gefälle zwischen Thailand und den vereinigten Arabischen
Emiraten. Hier ist das Geld. Rolex, Cartier, Gucci, Versace und alles was als
Marke nach Wohlstand riecht hat hier eine Verkaufsfiliale. In Thailand schreien
die Reisbauern nach ihrem Geld und in den Nachrichten wird von einem Mann
berichtet, der sich wegen einer ausstehenden Zahlung von 80.000 Baht umgebracht
hat. Das sind etwa 1800 € und ich kenne Menschen, die das locker im Urlaub als
Tresenrechnung beglichen haben. Die Uhr mahnt mich dennoch nun zum Einchecken
zu gehen und ich schließe mich den paar Gestalten an, die schon vor dem
Schalter Position bezogen haben. Mir gegenüber stehen 3 Männer der
einheimischen Armee. Die Uniformen erinnern mehr an die englischen
Streitkräfte, jedoch die sonnengegerbten Gesichter lassen keinen Zweifel daran,
dass mir echte Wüstensöhne gegenüberstehen. Zwei der Männer haben 2 Winkel auf
dem Oberarm und der Ältere von den Dreien 3 Winkel und einen Adler (wohl hier
ein Hoheitssymbol). Ich lächele freundlich hinüber und er lächelt zurück. Neben
mir steht ein Ehepaar mit deutschen Pässen in der Hand und deutlichem
polnischen Dialekt. Der Mann lässt sich wegen der Wartezeit in sehr deutlichen
Worten über die arabische Schlampigkeit aus und spart auch nicht mit
verächtlichen Vergleichen zur deutschen Gründlichkeit (obwohl ich bezweifele
das es beides überhaupt gibt). Ich nehme etwas Abstand zu den unangenehmen
Menschen und schüttele den Kopf. Nun beginnt das Einchecken und ich muss alle
Metallgegenstände erneut auf ein Rollband legen. Als ich an den drei Soldaten
vorbeikomme, lächele ich und grüße höflich mit „Salaam aleikum“ und erhalte
sogar ein „Aleimum salaam“ zurück. Mein Handgepäck wird gar nicht kontrolliert.
Als der Stänkerer jedoch hinter mir die Soldaten passieren muss, höre ich nur
von dem Drei-Streifen-Träger in fast akzentfreiem Deutsch „Sie kommen mal
mit!“. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen und bin sicher, dass sich
dieser Mensch nie wieder respektlos über arabische Grenzer äußern wird.
Zeit ist ja eine persönlich relativ zu erfahrende Größe und
mir kommt der Flug bis Düsseldorf schier unendlich vor. Diesmal sitze ich –
Gott sei Dank – am Gang und kann so wenigstens ab und an die Füße ausstrecken,
die sich so langsam anfühlen wie geschwollene Würste. Schlafen kann ich nicht,
aber ich nicke regelmäßig ein und stelle nach dem Aufwachen immer fest, dass
ich nur ein paar Sekunden weggetreten bin und die Maschine nicht deutlich näher
an Düsseldorf heran gekommen ist. Wenigstens funktioniert das
Entertainment-Element und ich sehe mir doch glatt noch einmal „Mary Poppins“
an. Zu Hause wäre ich bei dem Film sofort eingepennt, aber hier geht es nicht.
Nach gefühlten 3000 Stunden landen wir endlich. Das Einreisen erinnert sofort
daran, du bist in Deutschland. Der Grenzer verzieht keine Miene als er meinen
Pass kontrolliert. Da haben die Thais und die Araber uns etwas voraus – sie
können lächeln und tun es. Mein Koffer ist der erste auf dem Rollband – Glück gehabt!
Ich schnappe mir meinen Trolli und rolle Richtung Zollkontrolle. Hier ist
niemand und, obwohl ich ja nichts geschmuggelt habe, bin ich froh, dass niemand
meinen Koffer kontrolliert. Hätte ich das vorher gewusst!
Dieser Anblick wird mir fehlen. Die Skyline von Pattaya. |
Wenn einer eine Reise tut – so kann er was erzählen. Hier
ist mein Reisebericht. Jede Reise erweitert den Horizont und gibt neue Aspekte.
Meine Erkenntnisse aus dieser Reise :
Die Thais sind ein höfliches Volk, aber so richtig in sie
hinein sehen, kann man wohl nie.
Die hinterindische Küche ist auch nicht, was uns der
China-Mann an der Ecke im 11,90 €-all-you-can-eat-Menü verkaufen will – und für unsere Mägen
eigentlich nur schwer verdaulich.
Thailändische Mädchen sind auch nicht anders gestrickt als
ihre deutschen Pendants – sie reden nur weniger dummes Zeug, halten sich nicht
für besonders schlau und wissen gutes Benehmen zu würdigen.
Die asiatische Tierwelt ist mir nicht besonders gut gesonnen
– nur die Mücken lieben mich sehr.
Alles in allem hat mir der Urlaub gut gefallen – und
nächstes Jahr fliege ich wieder hin. Wer mit will, möge sich rechtzeitig bei
mir melden!